Energie- , Pflanzenkohlegewinnung und CO2 Sequestrierung mittels Pyrolyse

Von Roland Bauböck

Warum sollte man auf diese Technik/Entwicklung umsteigen?

Möglichkeit der Energiegewinnung aus Rest- oder Abfallstoffen, Wertschöpfung steigern, Beitrag zur CO2-Minderung durch Negativ-Emissionstechnologie, Möglichkeit der Vermarktung neuer Produkte

Stand der Entwicklung

Pyrolysetechnik und Produkte

Die thermo-chemische Konversion von Biomasse in einer Pyrolyseanlage stellt neben der Verbrennung und der Vergasung ein weiteres Verfahren dar, mit dem die in der Biomasse gespeicherte Energie gewonnen und einer Nutzung zugeführt werden kann. Im Gegensatz zur Verbrennung von Biomasse findet der Pyrolyseprozess in einem sauerstofffreien Reaktor statt. Dies hat zur Folge, dass die in der Biomasse enthaltenen Kohlenstoffverbindungen nicht mit Sauerstoff zu CO2 reagieren und mit dem Rauchgas aus dem Verbrennungsraum austreten, sondern in den drei Pyrolyseprodukten, Gas, Öl und Koks eingelagert werden. Die veränderlichen Anteile dieser drei Produkte lassen sich über die Pyrolysetemperatur (niedrig: < 500°C, mittel: 500-800°C, hoch > 800°C) (1) und die Verweildauer im Reaktor steuern. Für eine Einbindung des Pyrolysereaktors in ein Nahwärmenetz wird eine möglichst hohe Gasausbeute angestrebt. Die Konversion von Biomasse in der Pyrolyse ist ein endothermer Prozess, dem zur Aufrechterhaltung kontinuierlich Energie von außen zugeführt werden muss. Hierfür kann z.B. das aus dem Reaktor ausgeleitete Pyrolysegas in einer nachgeschalteten Brennkammer mit Abwärmetauscher verwendet werden, oder der Reaktor wird mit elektrischer Energie aufgeheizt. Je nachdem, welches Verfahren Verwendung findet (Abwärme oder elektrische Beheizung) können zwischen 30-100% der Abwärme aus der Gasverbrennung zum Beheizen von Gebäuden (Nahwärmenetz) genutzt werden.  Über Kraft-Wärmekopplung und Verbrennen des Pyrolysegases in einer angekoppelten Gasturbine kann auch Strom gewonnen werden. Als Wärmequelle schneidet die Pyrolyse im direkten Vergleich zu einem Biomassekessel aufgrund der benötigten Prozesswärme deutlich schlechter ab. Aber aus dem Pyrolyseprozess wird neben der Abwärme auch der Koks, die sog. Pflanzenkohle gewonnen. Sie stellt ein weiteres Produkt dar, für das in den letzten Jahren ein wachsendes Interesse von potenziellen Anwendern sowie von Seiten der Forschung zu verzeichnen ist (siehe unten). Auch das Pyrolyseöl stellt ein Produkt dar, für das es verschiedene Anwendungsbereiche gibt. So lässt es sich beispielsweise nach einer entsprechenden Aufbereitung in Dieselmotoren als Treibstoff oder in Heizölkesseln als Brennstoff nutzen (2). Die Nachteile liegen bei dieser Nutzung in der geringen Lagerstabilität und dem niedrigen Heizwert des Öls (16-19 MJ/kg), der etwas weniger als die Hälfte von fossilem Heizöl beträgt (2).

Verwendung von Pflanzenkohle

Das Verfahren der Verkohlung von Biomassen ist vermutlich so alt wie die Holzkohleherstellung in frühen Kohlemeilern. Im industriellen Maßstab wurde diese Technik aber bisher hauptsächlich dafür eingesetzt, problematische Biomassen und Abfälle thermo-chemisch für eine sichere Deponierung aufzubereiten bzw. am Ende möglichst wenig problematischen Feststoff übrig zu behalten. Haupteinsatzbereich in Deutschland war somit die Abfallwirtschaft. Mit dem Bekanntwerden von Terra-Preta Erden in den 1960er Jahren und deren wichtigem Bestandteil, der Pflanzenkohle, ist auch das Interesse am Pyrolyseverfahren zur Verkohlung von Biomasse stetig angestiegen. Pflanzenkohle hat sich aufgrund ihrer chemisch-physikalischen Eigenschaften als Bodenverbesserer einen Namen gemacht. Ein sprunghafter Anstieg von wissenschaftlichen Publikationen zu dem Thema sind ein deutliches Zeichen dafür  (3) (4). Obwohl in zahlreichen Feld- und Laborversuchen der positive Effekt von Pflanzenkohlen auf Ertragshöhe und Pflanzengesundheit nachgewiesen werden konnte und im Querschnitt aller Studien eine Ertragssteigerung von +10% erreicht wird, lässt sich derzeit keine allgemeingültige Empfehlung für das Ausbringen von Pflanzenkohle als Stimulator für Pflanzenwachstum aussprechen (5) (6). Allerdings sind die Anwendungsbereiche für Pflanzenkohlen nicht nur auf das Ausbringen im Boden beschränkt. Die „Non-Soil Applications“ für Pflanzenkohle reichen von der Futterzugabe  und Stalleinstreu in der Nutztierhaltung über die Anwendung im Biogasfermenter bis hin zum Einsatzstoff in der Bauindustrie (Zementprodukte, Asphalt, Bioverbundwerkstoffe, Energiespeicher) (7) (8) (9) (10) (11). Durch Wasserdampfaktivierung lässt sich aus geeigneten Pflanzenkohlen die zu besonders hohen Preisen gehandelte Aktivkohle für Filteranwendungen herstellen. Weiterhin gilt es mittlerweile als anerkannt, dass im Pyrolyseverfahren hergestellte Pflanzenkohlen einen Kohlenstoffspeicher darstellen, der den zuvor in der Biomasse enthaltenen Kohlenstoff stabil fixiert. Studien hierzu gehen davon aus, dass von einer stabilen Einlagerung von mehreren 100 bis mehreren 1000 Jahren ausgegangen werden kann (12) (13). Je nach Pyrolyseverfahren in Bezug auf Temperatur und Verweildauer bindet Pflanzenkohle das 3-fache ihres Eigengewichtes an CO2. Durch die Karbonisierung von 3 t Biomasse (TM) lässt sich 1 t Pflanzenkohle gewinnen und 3 t CO2-Äquivalente an Kohlenstoff dauerhaft fixieren.

Rechtliche Situation

Pyrolyseanlagen sind genehmigungspflichtige Energieerzeugungsanlagen, die eine Betriebserlaubnis nach der BImSchV benötigen. Für die nachgeschaltete Verbrennung des Pyrolysegases zur Wärme/Stromerzeugung greift die TA-Luft.

Für die erzeugten Pflanzenkohlen ist es in jedem Fall sinnvoll, eine entsprechende Zertifizierung, z.B. EBC (European Biochar Certificate) anzustreben. Für die Zertifizierung werden u.a. die Ausgangsbiomasse, der Kohlenstoffgehalt, der Aschegehalt und Schadstoffgehalte in der Kohle bestimmt. Ihren Werten entsprechend kann die Kohle dann z.B. als Futterkohle oder für Bodenanwendungen vermarktet werden. Nach der neuen EU-Düngeverordnung ist zertifizierte Pflanzenkohle als Bodenhilfsstoff für landwirtschaftliche Betriebe zugelassen. Für Deutschland gilt dies bisher nur für Betriebe im biologischen Landbau, von einer allgemeinen Übernahme in die deutsche DüV (Düngeverordnung) kann aber ausgegangen werden.

Wirtschaftlichkeit

Pyrolyseanlagen lassen sich als reine Wärmeerzeuger nicht wirtschaftlich betreiben, da der endotherme Prozess zu viel Eigenenergie benötigt. Ziel des Betriebes einer Pyrolyseanlage muss es also immer sein, mit der Pflanzenkohle, und ggf. mit dem Pyrolyseöl weitere Produkte zu generieren, deren Verkauf den Betrieb rentabel machen. Neben dem Verkaufserlös der Produkte (vorrangig der Kohle) ist das Substrat (Waldholz = teuer, Abfallstoffe = billig/umsonst) ein entscheidender Faktor für den wirtschaftlichen Betrieb. Tendenziell kann aber davon ausgegangen werden, dass mit Pflanzenkohle aus Waldrestholz mit geringem Rindenanteil relativ hohe Preise und mit Pflanzenkohle aus Abfallstoffen geringe Preise erzielt werden können (14).

Ökologie

Die Energiegewinnung mittels Pyrolyse aus Biomasse hat gegenüber der Verbrennung einen entscheidenden Vorteil, da ein erheblicher Teil des in der Biomasse gespeicherten Kohlenstoffs in den erzeugten Pflanzenkohlen stabil fixiert wird und nicht, wie bei der Verbrennung wieder als CO2 in die Atmosphäre gelangt. Pyrolyse ist also eine sog. Negativ-Emissionstechnologie. Solange die Pflanzenkohlen nicht zur Energiegewinnung verbrannt werden und eine Anwendung mit stabiler Einlagerung nachgewiesen werden kann, können mit diesen Kohlen über CO2-Senkenzertifikate auch zusätzliche Einnahmen generiert werden, die z.B. die Verwendung von nicht-holzigen Biomassen attraktiver machen können.

Betriebliche Umsetzung

Pyrolyseanlagen können, je nach Größe und Anlagentyp, als ergänzender oder als alleiniger Wärmeerzeuger für ein bestehendes oder geplantes Nahwärmenetzt eingesetzt werden. Beim Einsatz als alleinigem Wärmeerzeuger ist ein zusätzlicher Spitzenlastkessel erforderlich (Grundlastauslegung der Pyrolyse). Um die Pyrolyseanlage ganzjährig gut auslasten zu können, kann in den Sommermonaten die Trocknung von feuchten Biomassen eine Option sein. Weiterhin müssen für  die produzierte Pflanzenkohle Vermarktungswege gefunden werden, da diese Einnahmen zur Wirtschaftlichkeit der Anlage maßgeblich beitragen. Auch die längerfristige Verfügbarkeit von Biomassen und deren Herkunft muss im Vorwege abgeklärt sein.

Praxisbeispiele und Kontaktdaten

Inhalt folgt in Kürze

Zum Weiterlesen

1. Gerdes, C. (2001) Dissertation: „Pyrolyse von Biomasse-Abfall: Thermochemische Konversion mit dem Hamburger-Wirbelschichtverfahren“. Hamburg.

2. Meier, D. , J. Welling, B. Wosnitza, H. Hofbauer (2009) Pyrolyse. In: Kaltschmitt M., Hartmann H., Hofbauer H. (eds) Energie aus Biomasse. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-85095-3_1

3. Li, D., Zhao, R., Peng, X. et al. (2020) Biochar-related studies from 1999 to 2018: a bibliometrics-based review. Environ Sci Pollut Res 27, 2898–2908 (2020). https://doi.org/10.1007/s11356-019-06870-9

4. Wu, P., Ata-Ul-Karim, S.T., Singh, B.P. et al. (2019) A scientometric review of biochar research in the past 20 years (1998–2018). Biochar 1, 23–43 (2019). https://doi.org/10.1007/s42773-019-00002-9

5. Jeffery, S. , F.G.A. Verheijen, M. van der Velde, A.C. Bastos (2011) A quantitative review of the effects of biochar application to soils on crop productivity using meta-analysis. Agriculture, Ecosystems & Environment Volume 144, Issue 1, November 2011, Pages 175-187

6. Verheijen, F., S. Jeffery, A.C. Bastos, M. van der Velde, I. Diafas (2010) Biochar Application to Soils. A Critical Scientific Review of Effects on Soil Properties, Processes and Functions. European Commission, Joint Research Centre, Institute for Environment and Sustainability. Online: https://esdac.jrc.ec.europa.eu/ESDB_Archive/eusoils_docs/other/EUR24099.pdf

7. Bartoli, A., M. Giorcelli, P. Jagdale, M. Rovere and A. Tagliaferro (2020) A Review of Non-Soil Biochar Applications. Materials 2020, 13, 261

8. Chen, W., J. Meng, X. Han, Y.Lan, W. Zhang (2019) Past, present, and future of biochar. Biochar (2019) 1:75–87


9. Sakhiya, A.K., A. Anand · P. Kaushal (2020) Production, activation, and applications of biochar in recent times. Biochar (2020) 2:253–285

10. Dahal, R.J. et al. (2019) Biochar as a filler in glassfiber reinforced composites: Experimental study of thermal and mechanical properties. Composites Part B: Engineering Volume 175, 15 October 2019, 107169

11. Oisik, D., Ajit K.Sarmah, D. Bhattacharyya (2015) A sustainable and resilient approach through biochar addition in wood polymer composites. Science of the Total Environment. Volume 512–513, 2015, Pages 326-336

12. Werner, C., H-P. Schmidt, D. Gerten, W. Lucht and C. Kammann (2018) Biogeochemical potential of biomass pyrolysis systems for limiting global warming to 1.5 ◦C.

Environmental Research. Letters 13 (2018) 044036

13. Lehmann, J.  & S. Joseph (edits.) (2009) Stability of Biochar in the Soil pp. 182-195. In: Biochar for Environmental Management – Science and Technology  Earthscan publishing for a sustainable future, London (GB), Sterling VA (USA).

14. Bauböck, R., Karpenstein-Machan, M. (2021) Bioenergiedörfer im Wandel; Betrachtungen des Einsatzes von Reststoffen sowie des Zubaus einer Pyrolyseanlage an Biogasbestandsanlagen unter den Gesichtspunkten der Nahwärmeversorgung und der Wirtschaftlichkeit. Berichte über Landwirtschaft, Band 99, Ausgabe 3, S. 1 – 32. https://buel.bmel.de/index.php/buel/article/view/385/587

Biomethanaufbereitung und Betrieb einer Methantankstelle

von Robert Ißler und Marinus Schnitzlbaumer

Beschreibung der Handlungsempfehlung

Der Aufbau einer Biomethanaufbereitung mit (Hof-)Tankstelle kann insbesondere mit Blick auf die perspektivisch auslaufende EEG-Vergütung eine sinnvolle Zusatzeinnahme darstellen. Werden im Fermenter überwiegend Stroh, Gülle oder Abfallstoffe vergärt, kann eine hohe Wirtschaftlichkeit der Tankstelle erreicht werden. Das liegt daran, dass gemäß der europäischen Richtlinie RED II die Treibhausgasemissionen dieser Stoffe eine negative Kohlenstoffbilanz aufweisen, also eine aktive Vermeidung von CO2 erreicht werden kann. Entsprechend höher sind die Erlöse, die aus dem Biomethan-Quotenhandel erreicht werden können (2) (3).
Ein kontinuierlicher Absatz für das produzierte Biomethan (in diesem Fall als compressed liquid gas oder CNG bezeichnet) ist jedoch elementar für den wirtschaftlichen Betrieb und kann z. B. durch regionale Transportunternehmen oder lokale Landwirtschaftsbetriebe, die gasbetriebene Gas-LKWs bzw. Landwirtschaftsmaschinen besitzen, aufgebaut werden. So empfiehlt es sich, im Vorfeld Partnerschaften zu prüfen, die ggf. für beide Seiten einen Mehrwert bieten können.
Durch eine Tankstelle, die direkt mit vor-Ort produziertem Biomethan versorgt wird, können die Ausgaben für Kraftstoff, die bisher ausschließlich an überregionale Unternehmen fließen, in der Region bleiben und dieser entsprechend zugutekommen. So wird nicht nur bilanziell, sondern tatsächlich eine regionale Kreislaufwirtschaft geschaffen, die allen Beteiligten einen Mehrwert liefert.

Stand der Entwicklung

Bereits in den 80er Jahren wurden die ersten Erdgas-Tankstellen in Deutschland gebaut, heute gibt es über 800 Standorte, davon sind 331 reine Bio-CNG-Tankstellen (4). Die Technologie ist also bereits etabliert und viele Hersteller bieten bereits Komplettanlagen an. Die direkte Veredelung und Vermarktung durch Hoftankstellen an Biogasanlagen wird in Deutschland derzeit an etwa 200 Standorten umgesetzt (5). Das Konzept einer Hoftankstelle wurde aber bis jetzt noch nicht in Bioenergiedörfern realisiert.
Die Neuzulassungen für CNG-Fahrzeuge lagen im Durchschnitt der letzten Jahre bei ca. 6.300 und haben sich kaum verändert. Nur das Jahr 2018 sticht mit über 10.000 Zulassungen hervor (6). Im Bereich der Nutzfahrzeuge und LKWs kann eine Steigerung festgestellt werden (4). Ende 2019 wurde von New Holland der erste Traktor vorgestellt, der vollständig mit CNG betrieben wird (7). In Zukunft kann davon ausgegangen werden, dass die Technologie vermehrten Einzug in die Branche findet. Infolge einer Modelloffensive der Fahrzeughersteller stehen in nahezu jedem Fahrzeugsegment CNG-Pkw als Neuwagen zur Verfügung (16). Die derzeitige geringe Abnehmerzahl stellt allerdings immer noch einen hemmenden Faktor für einen effizienten Betrieb einer Tankstelle dar (8).
Die in unseren Analysen betrachteten Größenordnungen von Biomethantankstellen liegen im Bereich zwischen 35 und 200 Nm³/h. Gemäß unseren Untersuchungen wäre eine Mindestabsatzmenge von 85 Nm³ Bio-CNG pro Stunde für einen wirtschaftlichen Betrieb notwendig. Beispiele aus der Schweiz zeigen allerdings, dass bei einer entsprechenden monetären Berücksichtigung der CO2-Einsparpotenziale bei der Nutzung von Gülle und Reststoffen die Aufbereitung zu Biomethan auch in sehr kleinem Maßstab (6-12 Nm³/h) wirtschaftlich sein kann (16).
Würde man das Potenzial einer 500 kW Biogasanlage voll ausschöpfen und nur noch Biomethan produzieren, könnten etwa eine Methanmenge von 118 Nm³ pro Stunde oder die tägliche Vollbetankung von etwa 12 CNG LKW zur Verfügung gestellt werden.

Rechtliche Situation

Die Einhaltung aller rechtlichen Voraussetzungen für den Aufbau und Betrieb einer Biomethantankstelle werden zentral über eine Genehmigung nach BImSchG gesteuert. Sie umfassen neben immissionsschutzrechtlichen auch baurechtlichen und wasserrechtlichen Anforderungen sowie eine Erlaubnis nach Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Die detaillierten Anforderungen und Vorgehensschritte sind in einem Leitfaden der DVGW zusammengefasst (9).
Im laufenden Betrieb muss nach §§15ff. Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung eine jährliche Zertifizierung (auch Audit genannt) durchgeführt werden, die sicherstellt, dass die Herstellung des Bio-CNGs nachhaltig erfolgt. Im Zuge dessen wird ebenfalls das THG-Minderungspotenzial festgestellt, welches für den Quotenhandel relevant ist. Detaillierte Informationen zur Vorgehensweise der Zertifizierung sind in (10) erklärt.
Noch gelten für gasförmige Kraftstoffe nach §2 Abs. 2 EnergieStG vergünstigte Energiesteuersätze, die allerdings bis Ende des Jahres 2026 kontinuierlich ansteigen:

ZeitraumKostenEinheit
Bis Ende 202313,90€/MWh
202418,38€/MWh
202522,85€/MWh
202627,33€/MWh
Ab 202731,80€/MWh
Tabelle 1: Staffelung Energiesteuersatz für CNG (§2 Abs. 2 EnergieStG)

Exkurs: Quotenhandel

Für alle Tankstellenbetreiber wird nach §37a Abs.4 BImSchG (i.V.m. 38.BImSchV) eine Minderung der Treibhausgasemissionen von 6 % gefordert. Um dies zu erreichen, können Treibhausgasquoten von Biomethanerzeugern erworben werden, die sicherstellen sollen, dass bilanziell diese Anforderungen erfüllt sind. Durch den Quotenhandel eröffnen sich für eine Hoftankstelle große Erlöspotenziale. So kann für jede eingesparte Tonne CO2, die über die gesetzlich erforderlichen Anteile hinausgeht, ein Zertifikat verkauft werden, mit dem andere Tankstellenbetreiber bilanziell die Treibhausgas-Minderungsquote erfüllen können. Diese beziehen sich auf die an der Hoftankstelle tatsächlich verkaufte Menge an Bio-CNG. Da die Berechnung des daraus entstehenden Erlöses nicht einfach ist, soll ein kurzes Beispiel dabei helfen, die genauen Vorgänge nachzuvollziehen:

Annahmen:

  • Volumenstrom Tankstelle: 118 Nm³ pro Stunde für 4.400 Betriebsstunden.
  • Substratmix: 40 % Mais, 22 % Schweinegülle, 26 % Rinder-Festmist, und 12 % Silphie. Es wurde von einer 500 kWel Biogasanlage ausgegangen. Im Gegensatz zur weiter unten dargestellten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wird vereinfacht von einer kleineren Anlage mit vollständigem Absatz des produzierten Gases in der Hoftankstelle ausgegangen, um die Berechnungsmethode verständlicher darstellen zu können.
  • Vollständige Abnahme des produzierten Biomethans und damit auch die Möglichkeit, alle Quotenzertifikate zu veräußern, die nicht für die 6% Treibhausgasminderung zurück gehalten werden müssen.
  • CO2-Preis für den Quotenhandel: 250 €/tCO2_äq. Im Vergleich zu den CO2-Zertifikaten, die derzeit an der Börse gehandelt werden, ist dieser Preis wesentlich höher. Dies liegt am knappen Angebot und der hohen Nachfrage des separaten CO2-Handelsregimes im Verkehrssektor (10). Da dieser Handel in der Regel bilateral stattfindet, beruht diese Annahme von 250 €/tCO2_äq auf Erfahrungswerten (vgl. 11). Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass die Abnehmer der Zertifikate je nach Marktlage Preise akzeptieren, die unterhalb der gesetzlichen Pönale (verbindlich zugesagte Zahlung) für Nichteinhaltung der Mindestquoten liegen. Ab 2022 muss von dem Tankstellenbetreiber pro t CO2, das über den gesetzlichen Anforderungen liegt, eine Strafzahlung von 600 € pro t CO2 bezahlt werden (§ 37c Abs.2 S.6 BImSchG).

Bilanzierung nach RED II:

(1) Tatsächliche Emissionen der Tankstelle

Um herauszufinden, welche Zusatzerlöse durch den Quotenhandel von THG-Minderungszertifikaten entstehen können, muss zunächst der CO2-Ausstoß der eingesetzten Substrate und deren Weiterverarbeitung zu Biomethan bekannt sein. Ausführlich kann dies über eine anlagenspezifische Treibhausgasbilanzierung erfolgen, in der die tatsächlichen Aufwendungen für Dünger und Kraftstoff sowie alle weiteren relevanten Parameter erfasst und die reellen CO2-Emissionen daraus bestimmt werden. Alternativ wird auf Standardwerte zurückgegriffen, was insbesondere für eingesetzten Wirtschaftsdünger stets zu empfehlen ist. In der Regel lassen sich über die direkte Berechnung höhere Quotenerlöse erzielen, der Aufwand ist allerdings auch sehr hoch (12). Für die nachfolgende überschlägige Berechnung wird vereinfacht angenommen, dass alle nachwachsende Rohstoffsubstrate denselben CO2-Standardwert besitzen, wie er in RED II für Mais angegeben wurde:

Spezifische CO2-Standardwerte der Einsatzstoffe aus der EU-Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen bei geschlossenem Gärrestebehälter mit Abgasverbrennung (Seite L 328/194 ff. RED II):

  • Gülle: -100 gCO2_äq/MJBiomethan, entspricht ca. -3,59 kgCO2_äq/Nm³
  • Mais: 30 gCO2_äq/MJBiomethan, entspricht ca. 1,08 kgCO2_äq/Nm³
  • Zusatzemissionen durch die Kompression des Biomethans in der Tankstelle von 4,6 gCO2_äq/MJBiomethan auf alle Substrate, entspricht ca. 0,17 kgCO2_äq/Nm³ (Seite L 328/194 RED II)

Über die bekannten stündlich eingesetzten Mengenanteile in den Fermenter und Brennwerte der Substrate kann ein Faktor abgeleitet werden, wie viel kgCO2_äq pro   Stunde durch die Vorketten der Substratbereitstellung sowie durch die Biogaserzeugung und dessen Veredelung zu Bio-CNG frei werden. Mit oben genanntem Substratmix und der Annahme, dass die Fütterung in jeder Stunde gleichbleibt, ergibt sich im Beispielfall ein Faktor von 75,17 kgCO2_äqpro Stunde:

Mit den oben genannten Annahmen zu Volumenstrom und Betriebsstunden der Tankstelle ergeben sich daraus Gesamtemissionen von 331 t CO2äq pro Jahr:

(2) Fossiler Vergleichswert

Über die gesamte produzierte Menge an Biomethan, die an der Tankstelle verkauft wird und einen vorgegebenen fossilen Vergleichswert (§4 38. BImSchV) wird im nächsten Schritt berechnet, wie viel CO2 freigeworden wäre, wenn anstelle des Biomethans fossiles Erdgas genutzt worden wäre:

(3) Einhalten der eigenen Quote

Um die gesetzlich geforderte Reduzierung der Emissionen um 6 % gegenüber dem fossilen Vergleichswert einzuhalten, müssen vom Biomethan-Tankstellenbetreiber entsprechend Zertifikate zurückgehalten werden. Verrechnet man nun die erforderliche Einsparung mit den tatsächlich produzierten Emissionen, kann die Menge bestimmt werden, die zum Verkauf angeboten werden darf:

(4) Verkaufserlös

Bei einem Quotenpreis von 250 € pro Tonne CO2 ergeben sich bei den oben berechneten Werten jährliche Erlöse für Biomethanquoten von etwa 329.000 €. Wie im nachfolgenden Abschnitt dargestellt, macht dies für den Biotankstellenbetreiber einen Großteil der Gesamterlöse aus.
Zurzeit stehen nur Standardwerte für CO2-Emissionen für den Anbau von Mais und die Nutzung der Gülle zur Verfügung. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn weitere Standardwerte für ökologisch wertvolle Substrate wie z.B. Blühkulturen und Dauergräser zur Verfügung stünden. Eigene Berechnungen sind zwar möglich, jedoch sehr aufwendig und anspruchsvoll. Auch ist eine Entwicklung des Biomethan-Quotenmarktes genau zu beobachten, um Preisentwicklungen der Zertifikate im Auge zu behalten. Es besteht außerdem das Risiko, dass sich der politische Rahmen zukünftig ändern kann und womöglich weniger Einnahmen aus dem Quotenhandel erreicht werden können.
Nach §28 EnergieStG besteht die Möglichkeit, Biokraftstoffe von der Energiesteuer zu befreien. Nimmt man am Quotenhandel teil, verliert das Biomethan seine Eigenschaft als grünes Gas und wird bilanziell wie herkömmliches Erdgas bewertet (Doppelvermarktungsverbot). Somit kann man dafür keine Steuerbefreiung mehr beantragen. Vergleicht man die potenziellen Einkünfte aus dem Quotenhandel mit den Kosten für die Energiesteuer (ca. 72.000 € pro Jahr, vgl. Wirtschaftlichkeit), ist derzeit davon abzuraten, die Steuerbefreiung zu bevorzugen. Es ist anzumerken, dass die erforderlichen Mindestanteile an Biomethan von 6 % nur als erfüllt gelten, wenn diese auch besteuert sind (13). Das bedeutet, dass auch der zurückgehaltene Anteil an Biomethan, der der eigenen Quotenerfüllung dient, nicht von der Energiesteuer befreit werden kann.

Wirtschaftlichkeit

Für eine Hoftankstelle müssen Investitionen für die Methanisierungsanlage und die Tankstelle selbst getätigt werden. Diese Kosten sind grundsätzlich von der produzierten täglichen Durchsatzmenge an Biomethan abhängig. Je mehr Methan zum Tanken bereitgestellt wird, desto günstiger werden die einmaligen Ausgaben für die Investition der Anlage, wenn man diese auf die getankten Mengen bezieht. Das bedeutet, die spezifischen Kosten sind für größere Anlagen geringer. Das betrifft auch Personalkosten, Wartungsaufwand, Strombedarfskosten, Kosten für Genehmigungen und Audits sowie die Energiesteuer.
In der nachfolgenden Beispielrechnung soll die Wirtschaftlichkeit einer Hoftankstelle geprüft werden. Es wird dieses Mal von einer 900 kW Biogasanlage ausgegangen, die im Sommer einen Rohbiogasüberschuss von ca. 225 Nm³ pro Stunde für die Veredelung zu Bio-CNG verfügbar hat. Diese Menge reicht für eine Laufzeit der Methanisierungsanlage von ca. 4.400 Betriebsstunden im Jahr und erbringt eine Output-Menge an der Tankstelle von ca. 118 Nm³ Biomethan pro Stunde. Der Substratmix entspricht dem oben angenommenen: 40 % Mais, 22 % Schweinegülle, 26 % Rinder-Festmist und 12 % Silphie. Zur Aufbereitung des Rohbiogases wird das Membranverfahren angenommen, dessen Kostenstruktur für Investition und Betrieb aus einer Studie (5) entnommen wurden. Annahmen zu Investitions- und Betriebskosten der Tankstelle selbst wurden anhand von Recherchen und Herstellerbefragungen getroffen. Eigene Berechnungen auf der Basis von Daten aus den Reallaboren ergeben Rohbiogaskosten von ca. 5,1 ct/kWh CH4äq. Die Kosten der Methanisierung betragen etwa 3,20 ct/kWh CH4äq. Weitere Kostenblöcke für Investition und Betrieb der Tankstelle siehe untenstehende Tabelle. Bei einem netto-Verkaufspreis von 0,92 €/kg für das CNG und einem CO2-Zertifikatpreis von 250 € pro Tonne ergeben sich daraus jährliche Überschüsse von ca. 98.500 €. Nachfolgend ist die Berechnung dargestellt:

Die Kalkulation zeigt, dass fast 50 Prozent der Erlöse aus dem Quotenhandel resultieren und damit eine starke Abhängigkeit vom CO2-Preis besteht. Beträgt der Erlös nicht 250 € pro Tonne, wie angenommen, sondern nur 170 €/t wird der Betrieb einer Hoftankstelle bereits unwirtschaftlich. Für die berechnete Überschussmenge an Rohbiogas von ca. 225 Nm³/h und einer Laufzeit der Methanisierungsanlage von 4.400 Stunden im Jahr ist der Betrieb einer Hoftankstelle also mit großen Unsicherheiten behaftet. Nur sehr geringe Biogaskosten und eine hohe CO2 Vergütung machen den Betrieb lukrativ. Ein Zusammenschluss mehrerer Biogasanlagen mit gemeinsamer Gasaufbereitung zeigt sich wirtschaftlich deutlich vorteilhafter, da die spezifischen Kosten pro m3 Biomethan geringer und die Erlöse überdurchschnittlich steigen. (Siehe auch Handlungsempfehlung Biomethaneinspeisung).
Wer die Investition in eine Methanisierung erwägt, sollte die Entwicklungen im Kraftstoffquotenhandel im Auge behalten werden, da die Wirtschaftlichkeit stark vom Quotenpreis abhängig ist.  Weiterhin ist es elementar, ob lokale Abnehmer von Biomethan vorhanden sind (z.B. gasbetriebene LKW-Flotten oder auf Gas umstellungswillige Transportunternehmen), da eine hohe Auslastung Grundvoraussetzung für einen wirtschaftlichen Betrieb der Tankstelle ist.

Ökologie

Noch immer ist in Deutschland der Verkehrssektor für über 19 % aller CO2-Emissionen jährlich verantwortlich (1). Für eine erfolgreiche Energiewende darf dieser also nicht vernachlässigt werden. Eine Sektorenkopplung mit elektrifizierten Fahrzeugen ist dabei ein sinnvoller Schritt, die Nutzung von Biomethan als nahezu CO2-neutraler Kraftstoff stellt eine gute Ergänzung dazu dar. Eine Biomethantankstelle kann einen wichtigen Beitrag dazu liefern, auf regionaler Ebene einen CO2-armen Verkehr zu ermöglichen.
Eine 100-prozentige Nutzung von Biomethan sorgt im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen für eine Verringerung um bis zu 90 Prozent der Emissionen (14). Die Stickstoff- und Feinstaubbelastung ist im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen minimal, da die Verbrennung im Motor wesentlich sauberer ist. Zusätzlich sinkt die Lärmbelastung durch die Motoren bei gasbetriebenen Fahrzeugen auf etwa die Hälfte (15). Wird das Methan aus Rest- und Abfallstoffen wie Gülle, Stroh und Abfällen gewonnen, können die Fahrzeuge zum Teil sogar negative Treibhausgasbilanzen aufweisen. Das liegt daran, dass bei der natürlichen Vergärung dieser Stoffe (beispielsweise der Gülle im Lagertank) Methan in die Atmosphäre gelangt. Dieses ist um den Faktor 28 schädlicher als CO2. In den Fahrzeugen wird es vollständig zu CO2 verbrannt, was einer geringeren Umweltbelastung gleichkommt (3).

Organisatorische Umsetzung

Neben den rechtlichen Hürden sollte vor einer Investition im besten Fall ein Netzwerk geschaffen werden, um bereits eine Stammzahl an Abnehmern zu erhalten. Hierbei bieten sich Partnerschaften mit ansässigen Fuhrbetrieben und anderen Landwirten an. Da eine Umstellung auf erdgasbetriebene Fahrzeuge zwar ökologische Vorteile bietet, allerdings für den Nutzer nur sinnvoll ist, wenn die entsprechende Infrastruktur zum Tanken vorhanden ist, können Absprachen zwischen den Parteien im Vorfeld dazu beitragen, beiden Seiten ausreichend Anreize zu liefern.    
Für Speditionen und andere Betriebe im Logistikbereich ist nach §1 Abs 2 Nr. 8 BFStrMG eine Mautbefreiung vorgesehen, falls diese gasbetriebene Fahrzeuge nutzen. Pro Tausend Fahrkilometer können abhängig von der Fahrzeuggröße und der (bisherigen) Schadstoffklasse zwischen 93 € und 261 € eingespart werden (vgl. Anlage 1 BFStrMG), was ein mögliches Argument für einen Umstieg auf diese Technologie sein kann. Auch bezogen auf die Treibstoffkosten liefern CNG-LKW Vorteile. So kosten bei reduziertem Energiesteuersatz 100 km Fahrleistung umgerechnet ca. 35 % weniger als bei Diesel-LKW. Bei maximalem Energiesteuersatz (und gleichbleibenden Dieselpreisen) liegt die Kostenersparnis noch immer bei etwa 22 % pro 100 Fahrkilometer. Dem gegenüber stehen die erhöhten Anschaffungskosten, für die es seit Beginn 2021 keine staatliche Förderung mehr gibt.
Der Betrieb der Tankstelle selbst kann in der Regel voll automatisch gestaltet sein, so dass keine zusätzlichen Personalaufwendungen abseits von regelmäßigen Wartungen entstehen.

Praxisbeispiele und Kontaktdaten

Mit 11 Standorten besitzt Horst Seide mittlerweile das deutschlandweit größte Netzwerk von Bio-CNG Tankstellen. Interessierten Biogasanlagenbetreibern wird eine Beratung zum Aufbau einer eigenen Hoftankstelle angeboten. Auf der Webseite https://www.biogastankstelle.de sind Hintergrundinformationen und aktuelle Meldungen aus dem Bereich Bio-CNG zu finden.

Zum Weiterlesen

1. Umweltbundesamt. Emissionsquellen [online], 2020. Verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/treibhausgas-emissionen/emissionsquellen aufgerufen am: 12.08.2020

2. BDEW. Gas kann grün. Die Potentiale von Biogas/Biomethan [online], 2019. Verfügbar unter: https://www.bdew.de/media/documents/Awh_20190426_Gas-kann-gruen-Potentiale-Biogas.pdf

3. Fraunhofer ISI. Klimabilanz, Kosten und Potenziale verschiedener Kraftstoffarten und Antriebssysteme für Pkw und Lkw [online], 2019. Verfügbar unter: https://www.isi.fraunhofer.de/content/dam/isi/dokumente/cce/2019/klimabilanz-kosten-potenziale-antriebe-pkw-lkw.pdf

4. Zukunft ERDGAS e.V. Statistiken zu Erdgas-Fahrzeugen und –Tankstellen [online], 2020. Verfügbar unter: https://zukunft.erdgas.info/gas-statistik/kenndaten-mobilitaet aufgerufen am 12.08.2020

5. Fraunhofer IEE, DBFZ, DBI GUT, Dena. Verbundvorhaben: Effiziente Mikro-Biogasaufbereitungsanlagen (eMikroBGAA) [online], 2019. Verfügbar unter: https://www.fnr-server.de/ftp/pdf/berichte/22401615.pdf

6. Kraftfahr-Bundesamt. Neuzulassungen von Pkw in den Jahren 2010 bis 2019 nach ausgewählten Kraftstoffarten [online], 2020. Verfügbar unter: https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Neuzulassungen/Umwelt/fz_n_umwelt_archiv/2019/n_umwelt_z.html?nn=2601598 aufgerufen am: 12.08.2020

7. Bauernzeitung. Tanken an der eigenen Biogasanlage [online], 2019. Verfügbar unter: https://www.bauernzeitung.de/agrarpraxis/aus-forschung-und-entwicklung/tanken-an-der-eigenen-biogasanlage/

8. Dena. Branchenbarometer Biomethan 2019 [online], 2019. Verfügbar unter: https://www.dena.de/fileadmin/dena/Publikationen/PDFs/2019/dena-Analyse_Branchenbarometer_Biomethan_2019.pdf

9. DVGW. Genehmigungsleitfaden für LNG / LCNG-Tankstellen [online], 2017. Verfügbar unter:     https://www.dvgw.de/medien/dvgw/forschung/gas/genehmigungsleitfaden-lng-lcng-tankstellen-dvgw.pdf

10. Maierhofer, H., S. Rauh und M. Strobl. Biomethan als Kraftstoff und Treibhausgas(THG)-zertifizierung Teil 1: Basiswissen, 2018. In: Biogas Forum Bayern bif2, Hrsg. ALB Bayern e.V., https://www.biogas-forum-bayern.de/bif2

11. Gökgöz, F. Flexibilization of biogas plants with fuel production and supply of vehicle fleets, Präsentation vom 15.10.2019 in Schwäbisch Hall.

12. Bundestag. Die Energiesteuer im Bezug auf Kraftstoffe [online], 2019. Verfügbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/673616/b923d0aa98b1bae18a7dae250b926c40/WD-4-143-19-pdf-data.pdf

13. Grösch, N.; Trox, C.; Saidi, A.; Zörner, W.; Grüner, V.; Baumkötter, D.; Brügging, E.; Wetter, C.; Glötzl, M.; Kilburg, U.; Gleich, J.; Wagner, R.; Vogt, R. Biogas nach dem EEG – (wie) kanns’s weitergehen? Handlungsmöglichkeiten für Anlagenbetreiber [online] 2020. Verfügbar unter: https://www.carmen-ev.de/files/biogas/Dateien/Brosch%C3%BCre-REzAB.pdf

14. Dena. Rolle und Beitrag von Biomethan im Klimaschutz heute und in 2050 [online], 2017. Verfügbar unter:  https://www.dena.de/fileadmin/dena/Dokumente/Pdf/9218_Analyse_Rolle_Beitrag_Biomethan_Klimaschutz_2050.pdf

15. DVGW. Gas-Mobilität. PKW LKW Bus. Umweltauswirkungen, Technologie und Wirtschaftlichkeit gasbasierter Mobilität [online], 2018. Verfügbar unter:  https://www.dvgw.de/medien/dvgw/leistungen/publikationen/daten-fakten-gasmobilitaet.pdf

16. Karpenstein-Machan, M. (2019): Mit Biomethan mehr Klimaschutz im Verkehr. Energie aus Pflanzen, Nr. 6/2019.

Biomethanaufbereitung und Einspeisung in das Erdgasnetz

von Robert Ißler und Marinus Schnitzlbaumer

Warum sollte man auf diese Technik umsteigen?

Gegenüber der direkten Vor-Ort-Verstromung von Biogas bietet die Aufbereitung von Rohbiogas zu Biomethan den Vorteil, dass Biomethan in das Gasnetz eingespeist werden kann. Das bundesdeutsche Gasnetz mit einer Länge von über 500.000 km und einer Speicherkapazität von ca. 130 TWh el, verbessert die Anpassungsfähigkeit von flexibilisierten Biomasseanlagen zur bedarfsgerechten Strom und Biomethanproduktion. Dadurch wird das gesamte Energiesystem in den Sektoren Strom, Wärme und Kraftstoff gestärkt (1), (2) .

In Abbildung 1 sind die Ergebnisse einer Betreiberbefragung dargestellt, in denen zu einzelnen Themengebieten die Vor- bzw. Nachteile der Methanisierung (hier als MikroBGAA bezeichnet) gegenüber der Vor-Ort-Verstromung (VOV) des Biogases gegenübergestellt wurden. Insbesondere in den Bereichen Speicherfunktion, Wärmenutzung, Vermarktungsflexibilität und Nachhaltigkeit wird Aufbereitung und Einspeisung als vorteilhafter gesehen (1):

Abbildung 1: Befragungsergebnisse von Experten und Betreibern von Aufbereitungsanlagen zu den Vorteilen der Methaneinspeisung (1, S.73)

Beschreibung der Handlungsempfehlung

Prinzipiell wird bei der Veredelung des Rohbiogases der Methangehalt erhöht, indem in einer Aufbereitungsanlage das überschüssige Kohlendioxid abgeschieden wird. Weitere Anlagenkomponenten passen das produzierte Methan auf die erforderliche Qualität und das notwendige Druckniveau an (1). Das Methan wird schließlich an ein nahe gelegenes Gasnetz transportiert und dort eingespeist. Während die Aufbereitung vom Anlagenbetreiber zu finanzieren ist, wird ein Großteil der zusätzlich notwendigen Bestandteile wie zum Beispiel die Anlage zur Konditionierung des Gases über den Gasnetzbetreiber bezahlt, der die entstandenen Kosten auf die Gaskunden umlegen kann. Die Zuleitung zum Gasnetz wird abhängig der Länge ebenfalls über den Gasnetzbetreiber teilfinanziert (vgl. rechtliche Situation).

Da eine Aufbereitung von Biogas zu Methan mit steigender Anlagenkapazität spezifisch günstiger wird, kann ein Zusammenschluss von zwei oder mehr Biogasanlagen zu einem erfolgreichen Geschäftsmodell beitragen. Die Kapazitäten und die Entfernungen der Biogasanlagen zueinander und zu dem gemeinsamen Standort der Aufbereitungsanlage sind dabei ausschlaggebend (4).

Stand der Entwicklung

Anfang 2020 waren in Deutschland 216 Aufbereitungsanlagen mit einer Aufbereitungskapazität von insgesamt 133.734 Nm³/h in Betrieb, was einem jährlichen Einspeisevolumen von etwa 10 GWh entspricht (5). Im Vergleich zum Primärenergieeinsatz der Vor-Ort-Verstromung, der in etwa bei 90.000 GWh liegt, macht dieser Anteil nur 0,01 % aus.

Abhängig von den Einsatzstoffen variieren die Preise, zu denen Biomethan kurzfristig gehandelt wird, zwischen 5,7 (Abfall) und 7,2 (Gülle) ct/kWh. Langfristige Verträge liegen preislich zwischen 5,9 und 7,4 ct/kWh. Im Vergleich zu den Vorjahren ist hier ein Preisverfall zu erkennen, der voraussichtlich für Biomethan aus NaWaRo-Anlagen weiter anhalten wird (5). Die Unterschiede in den Preisen bei verschiedenen Substrateinsätzen ergibt sich aus den EEG-Erlösen der Kunden, die mit dem erworbenen Biomethan ein BHKW betreiben, das noch nach EEG 2012 eine Einspeisevergütung erhält. Die Einspeisevergütung ist abhängig von den verwendeten Einsatzstoffen des Biomethans, wobei zwischen Abfall- und Reststoffen (keine Förderung), NaWaRo (bis zu 6 ct/kWh) und Gülle/alternative Energiepflanzen (bis zu 8 ct/kWh) unterschieden wird (vgl. EEG 2012 §27). In der Regel findet der Handel von Biomethan bilateral statt, so dass in diesem Sektor die Preisschwankungen auch stark von den entsprechenden Händlern und Verträgen abhängig sind.

Im Durchschnitt lagen die Volllaststunden der Aufbereitungsanlagen in den letzten fünf Jahren bei 7.390 Stunden, was zeigt, dass häufig annähernd ganzjährig produziert wird (5). Die Einspeisekapazität der Anlagen in Deutschland beträgt im Mittel etwa 620 Nm³/h, wobei die kleinste Anlage 50 Nm³/h und die größte Anlage 5.500 Nm³/h bereitstellt (6). In Abbildung 2 ist die Verteilung der Kapazitäten dargestellt. Insbesondere Anlagen mit einem Output von 300-400 Nm³/h und 600-700 Nm³/h sind dabei die häufigsten, was einem Rohbiogasinput von etwa 600-1.400 Nm³/h entspricht. Der Rohbiogas-Output einer Biogasanlage mit 500 kW Bemessungsleistung liegt zum Vergleich in etwa bei 230 Nm³.

Abbildung 2: Häufigkeitsverteilung der Nennvolumenströme (Eigene Darstellung nach (6))

Exkurs: Aufbereitungsverfahren

Biogas besitzt außer Methan viele Gasanteile, die separiert werden müssen, damit es die Anforderungen für die Einspeisung ins Gasnetz erfüllt. Neben dem Abscheiden von Kohlendioxid dem größten Anteil, müssen noch Schwefelverbindungen, Ammoniak sowie weitere Spurenelemente entfernt und das Gas getrocknet werden (3,4). Nachfolgend sollen die Verfahren zur notwendigen Abtrennung des Kohlendioxids genauer betrachtet werden. Eine Abscheidung im Rohbiogas, dessen Anteil üblicherweise zwischen 25-55 % ausmacht, kann auf verschiedene Arten geschehen. Die Methoden unterscheiden sich deutlich in ihrem spezifischen Strom- und Wärmebedarf. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen physikalischen Verfahren wie etwa die Druckwechseladsorption (PSA), die Druckwasserwäsche, Membranverfahren oder Tieftemperaturrektifikation; chemischer Abtrennung wie bei der Aminwäsche oder chemisch-physikalische Techniken wie beispielsweise mit Genosorb® (2). Die Verteilung der Verfahren im deutschen Anlagenbestand sind in Abbildung 3 dargestellt:

Abbildung 3: Verteilung der Aufbereitungsverfahren (Eigene Darstellung aus (6), Stand: Anfang 2019)

Wie zu erkennen ist, sind die Druckwasserwäsche (DWW) und die Aminwäsche die häufigsten Aufbereitungsverfahren. In den letzten Jahren hat das Membranverfahren immer mehr an Bedeutung gewonnen (2), (6). Welches Verfahren das sinnvollste ist, kann pauschal nicht beantwortet werden. Betrachtet man die spezifischen Kosten, so stellen sich nach (1) für kleinere Aufbereitungskapazitäten die Aminwäsche und Membranverfahren als die wirtschaftlichsten Methoden zur Gasaufbereitung heraus.

In nachfolgender Tabelle sind die genannten Verfahren beschrieben und deren Vor- bzw. Nachteile erläutert. Für detaillierte Informationen wird auf (3, S.21ff) verwiesen:  

TypBeschreibungVorteileNachteile
CO2 Abtrennung mittels AdsorptionAnlagerung des CO2 an die Oberfläche eines Feststoffes
Druckwechseladsorption (PSA)Adsorption von CO2 unter Druck an Aktivkohle oder ein MolekularsiebKein WärmebedarfRelativ hoher Strombedarf, Entsorgung des Adsorbers
CO2 Abtrennung mittels Absorption CO2 wird von einer Flüssigkeit aufgenommen
Druckwasserwäsche (DWW)Lösen des CO2 unter Druck in WasserKein Wärmebedarf, einfach zu handhaben, da kein ChemikalieneinsatzHoher Druck erforderlich und daher hoher Strombedarf
AminwäscheLösen des CO2 in chemischem Lösungsmittelgeringer Strombedarf, sehr gute Beladungs-kapazität / SelektivitätHoher Wärmebedarf, hoher Regenerations-aufwand
Genosorb®Lösen des CO2 in speziellem Lösungsmittel (chemische und physikalische Bindung)Geringer Strombedarf, weniger Aufwand zur Regeneration als bei AminwäscheHoher Wärmebedarf
Membranverfahren  
GaspermeationAbtrennung von CO2 und anderen Gasbestandteilen durch permeable MembraneEinfacher Aufbau und Betrieb, kaum Wartung, kleine Volumenströme möglichHoher Strombedarf, Standzeiten der Membranen noch unklar
MembrankontaktorenLösen von CO2 in Wasser unter Einsatz von MembrankontaktorenEinfacher Aufbau und betrieb, kleine Volumen-ströme möglich, geringer DruckbedarfWenig praxiserprobt, Standzeiten der Membranen noch unklar
Sonstige Verfahren 
Kryogene VerfahrenTrennung von CO2 und CH4 durch Verflüssigung oder AusfrierenHohe Produktreinheit, Vermarktbarkeit von Methan und KohlendioxidWenig praxiserprobt, hohe Investitionskosten, energieintensiv
Tabelle 1: Gegenüberstellung verschiedener Methanaufbereitungsverfahren (2)

Rechtliche Situation

Für den Anlagenbetreiber der Biomethanerzeugung sind die Anforderungen der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV), die auf dem Energiewirtschaftsgesetz basieren, ausschlaggebend. Demnach besteht eine vorrangige Anschlusspflicht für Biomethan, sofern die Einspeisung technisch möglich und wirtschaftlich nicht unzumutbar ist (§34 GasNZV). Innerhalb strikter Fristen ist der Netzbetreiber dazu verpflichtet, nach Antrag auf eine Netzverträglichkeitsprüfung dem Anlagenbetreiber mögliche Einspeisepunkte und deren entsprechenden Kapazitäten mitzuteilen (§ 33 GasNZV). Bei der Auswahl der erforderlichen Anlagenkomponenten muss sichergestellt sein, dass bei der Gasqualität die Anforderungen erfüllt werden, welche aus den Arbeitsblättern G 260 und G 262 des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs e. V. hervorgehen (§36 GasNZV). Darin sind insbesondere brenntechnische Kennwerte und Grenzwerte für den Schwefel- und Sauerstoffanteil vorgegeben, doch auch andere Merkmale, wie beispielsweise eine Odorierung (Versetzen des Gases mit Gerüchen), werden gefordert (2), (3). Über regelmäßige Audits werden diese Eigenschaften überprüft und in einem zentralen Register erfasst. Bei einer negativen Prüfung kann das Gas seine Biomethaneigenschaft und damit auch seine Vermarktbarkeit als solches verlieren (8). Wie eingangs erwähnt, werden die erforderlichen Komponenten kostenseitig zwischen dem Anlagenbetreiber und dem Netzbetreiber aufgeteilt, wobei die gesamten Investitionen für den Betreiber bei 250.000 € gedeckelt sind, sofern die Leitung zum Einspeisepunkt 1 km nicht überschreitet. Nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die notwendigen Komponenten und die entsprechende Kostenaufteilung dieser:

KomponentenAufgabeKostenanteil Betreiber
GasleitungBauliche Verbindung der Biogasaufbereitungsanlage zum GaseinspeisepunktAbhängig von der Länge:
<= 1 km: 25 %,
< 1 km < 10 km: 25 % zzgl. 25 % der zusätzlichen Kosten der Gasleitung >1 km
> 10 km: 25 % plus 100 % der zusätzlichen Kosten der Gasleitung >10 km
VerdichterDruckanpassung an den Netzdruck25 %
Messstelle 1eichfähige Messung des nicht konditionierten Biomethans25 %
Messstelle 2Gasbeschaffenheitsmessung0 % (§ 36 Abs. 4 GasNZV)
Messstelle 3eichfähige Messung des konditionierten Gases25 %
KonditionierungsanlageKonditionierung des Gases (Brennwert, Wobbe-Index)0 % (§36 Abs. 3 GasNZV)
OdoriererOdorierung0 % (§36 Abs. 4 GasNZV)
 Alle KomponentenMaximal 250.000 € plus Zusatzkosten für die Gasleitung, falls diese länger als 1km ist 
Tabelle 2: Erforderliche Komponenten und Kostenverteilung nach GasNZV (vgl. 1)

Nach §20a Gasnetzentgeltverordnung (GasNEV) erhalten Einspeiser von Biomethan für vermiedene Netzkosten ein Entgelt in Höhe von 0,7 ct/kWh eingespeistes Gas. Das Entgelt ist unabhängig von der Netzebene (z. B. Verteilnetz mit geringem Betriebsdruck oder Übertragungsnetz mit über 60 bar) der Einspeisung. Allerdings ist die Entgeltzahlung für vermiedene Netzkosten auf 10 Jahre begrenzt, was aus wirtschaftlicher Sicht problematisch sein kann (7).

Wirtschaftlichkeit

In den Berechnungen des Projektteams wurde für eine Beispielanlage mit 950 kW installierter Leistung ein minimaler (langfristiger) Biomethanverkaufspreis von rund 6,3 ct/kWh ermittelt, ab dem sich der Betrieb einer Anlage mit einer Aufbereitungskapazität von 450 Nm³ Rohbiogas pro Stunde mittels Membranverfahren lohnen kann. Schließen sich zwei Anlagenbetreiber mit gleicher Kapazität zusammen, indem eine 3.000 m Rohbiogasleitung zwischen den beiden Standorten errichtet wird, liegt der entsprechende Grenzpreis bei 5,9 ct/kWh. Dabei wurden für die Gesamtkosten der Rohbiogaserzeugung 5 ct/kWh, eine hohe Anlagenauslastung mit 8.500 Volllastunden und 1.500 m zu bauende Leitungsstrecke bis zu einem mit 16 bar betriebenen Gasnetz angenommen (weitere Annahmen sind in Tabelle 3 dargestellt). Beispielhaft ist nachfolgend die überschlägige Berechnung für den Zusammenschluss von zwei Biogasanlagen und einem Biomethanverkaufspreis von 6,1 ct/kWh (entspricht durchschnittlicher kurzfristiger Vergütung für NaWaRo-Anlagen nach (5)) innerhalb des 10-Jahres Zeitraums sowie in den Folgejahren dargestellt:

Ausgangsbedingungen
Gesamtes Rohgaspotenzial900Nm³/h
Betriebsstunden8.500Stunden
Länge Rohbiogasleitung3.000m
Entfernung zum Erdgasnetz1.500m
Druckstufe des Einspeisepunktes16bar
Rohbiogaskosten5,00ct/kWh
AufbereitungsverfahrenMembran 
Kosten
Kosten Rohbiogasbereitstellung  1.975.000 € p.a.
Finanzierungskosten Rohbiogasleitung       26.000 € 10a, 4%
Finanzierungskosten Methanisierung     255.000 € 10a, 4%
Laufende Kosten Methanisierung     321.000 € p.a.
Finanzierungskosten Erdgasleitung         6.000 € 10a, 4%
Finanzierungskosten Einspeiseanlage       31.000 €   10a, 4%
Gesamtkosten  2.614.000 € p.a. 
Erlöse
Erlös Gaseinspeisung  2.410.000 € p.a.
Vermiedene Netzentgelte (vNEg)     277.000 € p.a.
Summe Erlöse  2.687.000 € p.a.
Gewinn vor Steuern erste 10 Jahre     73.000 € p.a.
Gewinn vor Steuern
nach 10 Jahren (ohne vNEg, ohne Finanzierungskosten)
     114.000 € p.a.
Tabelle 3: Überschlägige Berechnung der gemeinsamen Gaseinspeisung

Im betrachteten Beispiel wurde die Finanzierung der Anlagenkomponenten auf die 10 Jahre begrenzt, in denen der Bonus für vermiedene Netzentgelte ausbezahlt wird. Entsprechend erhöht sich nach diesem Zeitraum der jährliche Gewinn trotz dem Wegfall der Bonuszahlungen.

Aufgrund der unsicheren Entwicklungen der Biomethanpreise, die in den letzten Jahren sogar einen Negativtrend aufgewiesen haben, ist die reine Einspeisung bei Biogasanlagen mit Risiken verbunden. Auch der Einfluss der Rohbiogaskosten ist dabei nicht zu vernachlässigen: ab einem Rohbiogaspreis von 5,2 ct/kWh entsteht im obigen Beispiel bereits in den ersten 10 Jahren ein negatives Betriebsergebnis. Sinkt der Verkaufspreis für das Biomethan unter 5,9 ct/kWh, wird ebenfalls kein Gewinn erwirtschaftet.

Eine Kombination mit einer Hoftankstelle kann dafür sorgen, dass über die zusätzlichen Erlöse am Kraftstoffmarkt ein in Summe wirtschaftlicheres Geschäftsmodell entstehen kann. Dies ist allerdings stark von der Auslastung der Hoftankstelle abhängig. In jedem Fall ist der Zusammenschluss zweier oder mehrerer Biogasanlagen aufgrund der Skaleneffekte bei größeren Biogas-Aufbereitungsanlage (und somit niedrigeren spezifischen Aufbereitungskosten) in der Regel vorteilhafter als der alleinige Betrieb. Die Machbarkeit eines Zusammenschlusses von Biogasanlagen ist stark abhängig von den spezifischen Rahmenbedingungen. Einen sehr großen Einfluss haben die Rohbiogaskosten der jeweiligen Biogasanlagen und die Wegstrecken zwischen den Anlagen (mit den entsprechenden Kosten für die Rohbiogasleitung).

Ökologie

Neben der Biogasproduktion ist der Methanschlupf der Aufbereitungsanlagen der ausschlaggebende Faktor für zusätzliche Treibhausgas- (THG-) Emissionen. Um die erforderlichen Grenzwerte von maximal 0,2 Prozent Methanausstoß nach §36 GasNZV einzuhalten, muss eine Schwachgasnachbehandlung stattfinden. Die Aminwäsche ist dabei die Ausnahme, da dieses Verfahren einen Schlupf von weniger als 0,2 % aufweist. Ist die Schwachgasnachbehandlung mit anderen Verfahren fehlerhaft oder fällt ganz aus, kann zwischenzeitlich ein Methanschlupf von bis zu 5 % auftreten (2), was den Klimaschutzeffekt einer Biogasanlage ad absurdum führt und zu einem Verlust der Biomethaneigenschaft führt (vgl. rechtliche Situation). Im Vergleich zur Vor-Ort-Verstromung des Biogases mit einer angenommenen maximalen Abwärmenutzung von 45 %, kann die Biomethanerzeugung bei einer Abwärmenutzung von über 80 % am Biomethan-BHKW ein höheres THG-Verminderungspotenzial erzielen, sofern der Methanschlupf die erforderlichen Grenzwerte einhält (2). Typischerweise ist die Wärmenutzung von solchen KWK-Anlagen höher, da sie sich besser an geeigneten Wärmesenken platzieren lassen und überwiegend wärmegeführt betrieben werden.

Bei den Aufbereitungsverfahren, die viel elektrische Energie benötigen, wird sich zukünftig die THG-Bilanz verbessern. Die Ursache hierfür ist der zunehmende Anteil an Erneuerbaren Energien im Deutschen Strom-Mix und der damit sinkende CO2-Faktor des Stromes. Das betrifft insbesondere die DWW, PSA und das Membranverfahren. Aminwäsche verbraucht im Vergleich weniger Strom und ist entsprechend davon nicht so stark beeinflusst. Außerdem kann der Einsatz von Rest- und Abfallstoffen, anstelle von NaWaRos wie bspw. Mais, die THG-Emissionen beträchtlich senken. (2)

Organisatorische Umsetzung

Da die Errichtung einer Einspeiseanlage ein Projektvorhaben ist, das zusammen mit dem verantwortlichen Netzbetreiber durchgeführt wird, muss bei diesem als erster Schritt ein sogenanntes Netzanschlussbegehren gestellt werden. Der Netzbetreiber ist verpflichtet, daraufhin eine Netzverträglichkeitsprüfung in die Wege zu leiten, in der festgestellt wird, an welcher Stelle und bei welchem Druckniveau eine Einspeisung möglich ist (2). Wenn die Kapazität im Verteilnetz für die gewünschte Einspeisemenge zu gering ist, kann der Netzbetreiber eine Einspeisung in ein Gasnetz der höheren Druckstufe fordern (1). Die Kosten für die Prüfung sind zu 25 % vom Anlagenbetreiber zu bezahlen (§33 GasNZV). Im Anschluss wird ein Netzanschlussvertrag unterzeichnet, in dem insbesondere die Mindesteinspeisekapazität festgelegt wird, die der Netzbetreiber zu jedem Zeitpunkt in der Lage sein muss, aufzunehmen. Das Einspeisen von Überproduktionen kann entsprechend verweigert werden. In der Regel sind diese Verträge standardisiert, unterscheiden sich aber in teilweise kritischen Details und sollten genau geprüft werden (3). Auch wird mit dem Vertrag ein Realisierungsfahrplan abgeschlossen, in dem Termine und Fristen für das Bauvorhaben geregelt sind. Anschließend planen beide Vertragspartner gemeinsam die konkreten Umsetzungsmaßnahmen. Für die Errichtung der Anlagenkomponenten ist der Netzbetreiber zuständig, der in Absprache mit dem Anschlussnehmer typischerweise einen Generalunternehmer beauftragt (3). 
Es muss damit gerechnet werden, dass der gesamte Prozess langwierig ist und es zwischenzeitlich zu Verzögerungen im Ablauf kommen kann (1), (3). Deshalb sollte über ein solches Vorhaben frühzeitig entschieden und ausreichend Zeit eingeplant werden.

Zum Weiterlesen

1. Fraunhofer IEE, DBFZ, DBI GUT, Dena. Verbundvorhaben: Effiziente Mikro-Biogasaufbereitungsanlagen (eMikroBGAA) [online], 2019. Verfügbar unter: https://www.fnr-server.de/ftp/pdf/berichte/22401615.pdf

2. Dunkelberg, E.; Salecki, S.; Weiß, J.; Rothe, S.; Bönning, G. Biomethan im Energiesystem [online], 2015. Verfügbar unter: https://www.ioew.de/fileadmin/_migrated/tx_ukioewdb/IOEW_SR_207_Biomethan_im_Energiesystem.pdf

3. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR). Leitfaden Biomethanaufbereitung und -einspeisung [online], 2014. Verfügbar unter: https://mediathek.fnr.de/media/downloadable/files/samples/l/e/leitfaden_biogaseinspeisung-druck-web.pdf

4. Deutsche-Energie-Agentur (Dena). Biogaspartner – gemeinsam einspeisen. Biogaseinspeisung und -nutzung in Deutschland und Europa. Markt, Technik und Akteure [online], 2019. Verfügbar unter: https://www.dena.de/fileadmin/dena/Publikationen/PDFs/2019/biogaspartner_-_gemeinsam_einspeisen.pdf  

5. Deutsche-Energie-Agentur (Dena). Branchenbarometer Biomethan 2020 [online], 2020. Verfügbar unter: https://www.dena.de/fileadmin/dena/Publikationen/PDFs/2020/Brachenbarometer_Biomethan_2020.pdf

6. Deutsche-Energie-Agentur (Dena). Biogaspartner. Einspeiseatlas [online], 2020. Verfügbar unter: https://www.biogaspartner.de/einspeiseatlas/

7. Deutsche-Energie-Agentur (Dena). Vermiedene Netzkosten. Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der Einspeisung von erneuerbaren Gasen [online], 2018. Verfügbar unter: https://www.biogaspartner.de/fileadmin/dena/Dokumente/Pdf/9265_dena_Kurzanalyse_Vermiedene_Netzkosten.pdf  

8. Altrock, M.; Reichelt, S. Vorschlag für ein Dokumentationssystem für Beschaffenheitsmerkmale von Biogas (Leitfaden) [online], 2018. Verfügbar unter: https://www.biogasregister.de/fileadmin/biogasregister/media/Leitfaden__Krit.kat.__Matrix/20181004_Leitfaden_Biogasregister_01.pdf

Wertstoffsteigerung durch Gärrestverarbeitung

von Roland Bauböck und Marianne Karpenstein-Machan

Warum sollte man auf diese Technik/Entwicklung umsteigen?

Auch auf der Outputseite der Biogasanlage können durch nachgeschaltete Verfahren das Volumen des Gärprodukts reduziert und damit Transportkosten eingespart werden, aber darüber hinaus auch zusätzliche Produkte hergestellt werden. Zurzeit mögliche technisch Verfahren werden im Folgenden dargestellt.

Stand der Entwicklung 

Separation

Die Weiterverarbeitung des Gärprodukts beinhaltet zunächst immer eine Separation, um überschüssige Wasseranteile abzuscheiden. Diese Trennung in flüssige und feste Phase spart Lagervolumen und erleichtert den Abtransport von der Anlage. Für die Separation von Gärprodukt/Gülle existieren erprobte Verfahren auf dem Markt (Schneckenpressen, Zentrifugen, Siebtrommeln) und die Kosten für diese Technik (Investition, Betrieb) sind vergleichsweise niedrig. Durch Separation können, je nach Technik, Abscheidegrade von ca. 30% Trockenmasse erreicht werden (1) (2). Da die flüssige Phase auch nach der Separation noch Schweb- und Nährstoffe enthält, muss sie wieder ins Gärproduktlager geleitet werden. Der feste Teil ist nun stapelbar und lässt sich im Gegensatz zum Ausgangssubstrat aufgrund des reduzierten Volumens über eine größere Entfernung transportieren.

Trocknung

Um eine weitere Volumenreduzierung zu erreichen ist es notwendig, die feste Phase durch Zufuhr von Wärme zu trocknen. Im Gegensatz zur Separation (mechanisch), wird hierbei überschüssige Prozesswärme aus dem Betrieb der Blockheizkraftwerke (BHKW) benötigt. Nur wenn Überschusswärme zur Verfügung steht und die Biogasanlage vor dem EEG 2012 ans Netz gegangen ist (2012 war Ende des KWK-Bonus), kann eine Trocknung auch ökonomisch Sinn machen. Zur Gärprodukttrocknung stehen erprobte technische Verfahren zur Verfügung (Bandtrockner, Trommeltrockner, Schubwendetrockner und Wirbelschichttrockner), die nach dem Konvektionsprinzip (Heißluft oder Abgas) bzw. Kontakttrocknung (beheizte Flächen) arbeiten. Der Wärmebedarf hierfür wird mit 0,8 – 1,1 kWh pro kg verdampftes Wasser angegeben (3). Das im Trocknungsvorgang Verdunstete Wasser ist Ammoniakhaltig und wird in einer nachgeschalteten Stufe durch Zugabe von Schwefelsäure gereinigt. Als Nebenprodukt fällt wässriges Ammoniumsulfat an, welches als Düngemittel verwertet werden kann.

Vakuumverdampfung

Beim Verfahren der Gärprodukteindampfung wird das Gärprodukt zunächst durch Pressverfahren und/oder  Siebe in flüssige und feste Phase separiert. Die feste Phase kann zwischengelagert werden und nach Bedarf als Dünger ausgebracht werden. Die flüssige Phase wird durch mehrfaches Erhitzen und unter Vakuum setzen aufkonzentriert. Die entweichenden Dämpfe (Brüden) werden hierbei unter Zugabe von Schwefelsäure im Brüdenwäscher von Ammoniak befreit und können in den Fermenter zurückgeleitet oder nachgefiltert und über einen Verdampfer an die Umgebungsluft abgegeben werden (3). Das Fällungsprodukt ist eine Ammoniumsulfatlösung, welche sich als Mineraldünger für eine bedarfsgerechte Düngung verwenden lässt. Die eingedickte flüssige Phase wird am Ende des Vorgangs vakuumverdichtet und aus dem Prozess ausgeschleust und kann, als von Ammonium-Stickstoff befreiter Dünger, ausgebracht werden. Vorteil des Verfahrens ist die deutliche Reduzierung des für die Lagerung benötigten Lageraumes auf etwa 30% gegenüber dem unbehandelten Gärprodukt. Im mehrstufigen Verfahren kann der benötigte Energieaufwand für eine Vakuumverdampfungsanlage noch einmal um 50% niedriger sein, als bei einer konventionellen Trocknungsanlage. Auch dieses Verfahren eignet sich insbesondere für Anlagen, bei denen Wärmeüberschüsse vorliegen.

 

Separation und Filtrierung

Bei diesem Verfahren wird das Gärprodukt durch mechanische Separation in flüssige und feste Phase getrennt und die flüssige Phase in einem Filtrierungsverfahren in eine Nährstoffkonzentrat-Lösung und in einleitbares Wasser separiert.  Zur Filtration werden Membranen mit verschiedenen Porengrößen (Mikrofiltration, Ultrafiltration) verwendet. Die Entsalzung, also die Gewinnung der Nährelemente N, P, K wird durch eine Umkehrosmose erreicht (1) (2). Hohe Anteile des Gesamtgärprodukts können so in einleitbares Wasser umgewandelt werden, der Rest besteht aus der festen Phase und den extrahierten Elementen N, P, K, aus denen rein mineralische Düngemittel oder auch Grundchemikalien wie Phosphorsäure gewonnen werden können. Im Gegensatz zu der Vakuumverdampfung wird bei diesem Verfahren nur für die Trocknung der festen Fraktion BHKW-Abwärme benötigt. Die getrocknete feste Phase kann, je nach technischem Verfahren und Restgehalt an Stickstoff anschließend pelletiert und entweder als Dünger- oder zu Heizzwecken verwendet werden. Probleme, die bei der Membranfilterung  auftreten können sind z.B. das Zusetzen der Membranen und biologische Faulungsprozesse während der Aufbereitung (2) (4). Investitionskosten im bis zu 2-stelligen Millionenbereich, häufige Reinigungszyklen der Filter und ein hoher Strombedarf für die Filterpumpen treiben die Aufbereitungskosten bei dieser Technik in die Höhe, sodass sich die Investition in diese Technik für einzelne Biogasanlagen nicht wirtschaftlich darstellen lässt. Allerdings befindet sich die Membranfiltration von Gülle/Gärprodukt derzeit unter intensiver Beforschung und  Weiterentwicklung durch Hochschulen und Technikanbieter, sodass es möglicherweise in den nächsten Jahren zu einer Kostensenkung von Technik und Betrieb kommen wird und diese Art von Anlage dann auch für durchschnittliche Biogasanlagen attraktiv wird.

Gärproduktverarbeitung zu Dünger und Holzfaserwerkstoff

Ziel von zwei weiteren Verfahren ANAStrip® und FaserPlus der GNS-mbH ist es, die im Gärprodukt enthalten Pflanzennährstoffe und Faserbestandteile zu trennen und daraus zwei verschiedene Produkte zu gewinnen. In einem ersten Schritt werden durch Stripping (Austreiben der gasförmigen Bestandteile) Ammoniak und CO2 zu ca. 80 bis 85% aus dem grob separierten Gärprodukt entfernt und unter Reaktion mit REA-Gips in eine Ammoniumsulfat-Lösung und Kalziumcarbonat überführt. Beides sind handelsübliche  Düngemittel, welche bedarfsgerecht für die Pflanzendüngung ausgebracht werden können. Der Wärmebedarf liegt laut Anlagenbetreiber (GNS-mbH) bei 70 -120 kWh/m³. Bei einem Gärproduktdurchsatz von 20.000 t/a sind hierfür zwischen 175-300 kW der Wärmeleistung eines BHKW erforderlich. Im zweiten Verfahrensschritt kann aus dem abgepressten und getrockneten Faserbestandteil des Gärprodukts ein Substitutionsprodukt für die Herstellung von Holzfaserplatten (MDF, HDF, Spanplatte) gewonnen werden (FaserPlus-Verfahren). Auch für die Herstellung von Holzfaserdämmplatten zur Wärmedämmung an Gebäuden ist der Einsatz solcher Materialien sicherlich denkbar. Derzeit (Stand 3/2020) existieren zwei Biogasanlagen in Deutschland, an denen diese Verfahren angewendet werden (siehe Praxisbeispiele). Bei beiden Anlagen handelt es sich um große Biogasanlagen (3 und 5 MW elektrisch). Da diese Aufbereitungstechniken bisher lediglich an Demonstrations- und Versuchsanlagen zum Einsatz kommt, kann bisher keine Aussage zur Wirtschaftlichkeit solcher Verfahren getroffen werden.

Gärproduktverarbeitung in der Pyrolyse

Vorbehandeltes Gärprodukt (abgepresst, getrocknet) kann, mit Trockensubstanzgehalten >65% in einer Pyrolyseanlage zur Produktion von Biokohle eingesetzt werden. Bei der Verkohlung unter hohen Temperaturen und unter Sauerstoffabschluss entsteht neben der Biokohle ein brennbares Gas. Dieses Gas wird in einem Brennraum emissionsarm verbrannt. Etwa 2/3 der Abwärme wird für die Aufrechterhaltung des Pyrolyseprozesses benötigt, die restlichen 30% können für die Warmwasserbereitstellung eines Nahwärmenetzes ausgekoppelt werden. Die in Dörth, NRW ansässige Firma Pyreg gilt als Pionier auf diesem Markt und ihre Anlagen haben den bisher größten Marktanteil in Deutschland (Stand 03/2020).

Rechtliche Situation

Gärprodukte aus Biogasanlagen unterliegen dem Düngegesetz (DüngG) und somit allen Melde- Dokumentations- und Kontrollverpflichtungen, die beim Inverkehrbringen (Handel, Abgabe, Ausbringung) im Rahmen des Gesetzes anwendbar sind. Hierzu zählen auch der Lagerraum und die Art der Lagerung sowie die Nähstoffausbringungsgrenzen (N, P) pro Flächeneinheit. Gärprodukte aus der Vergärung von Wirtschaftsdünger und NawaRos gelten als Wirtschaftsdünger. Werden in der Anlage auch Bioabfälle vergoren, so gilt das Gärprodukt als Bioabfall und muss somit auch abfallrechtliche (Bioabfallverordnung) Auflagen erfüllen. Dies kann z.B. eine Hygienisierung, also eine 1-stündige Erhitzung des Substrates auf 70° C oder eine thermophile Vergärung bei 50° während der Mindestverweildauer sein.

Wirtschaftlichkeit

Investitionen in zusätzliche Lagerkapazitäten und hohe Transportkosten für das in der Anlage anfallenden Gärprodukt belasten die Erlössituation einer Anlage und sollten auf jeden Fall mit einer zweiten Option, der Weiterverarbeitung des Gärprodukts verglichen werden. Einfache Verfahren, wie die Separation oder Trocknung können helfen, Lagervolumen und Transportkosten einzusparen. Technisch anspruchsvollere Verfahren wie die Vakuumverdampfung oder die Filtrierung des separierten Gärprodukts erzeugen neue, veredelte Produkte, die über größere Distanzen transportiert und gehandelt werden können. Ob und in welcher Höhe sich Investitionen in Gärproduktbehandlungsanlagen rentieren, ist anlagenspezifisch und muss für die jeweilige Anlage durchgerechnet werden. Durch die Weiterverarbeitung des Gärprodukts entstehen, je nach Art der Aufbereitung, zusätzliche Kosten durch Prozess-Hilfsstoffe (z.B. Säuren), Energie und Wartung. Je nach Anlagentechnik fallen auch die Investitionskosten sehr unterschiedlich aus. Mechanische Separationsverfahren zeichnen sich durch insgesamt überschaubare Investitions- und Betriebskosten aus. Die Betriebskosten liegen hier bei deutlich unter 10 € pro m³ Gärprodukt/Gülle (4). Trocknungsverfahren (z.B. Bandtrockner) und Vakuumverdampfung können kosteneffektiv eingesetzt werden, wenn Überschusswärme an der Anlage zur Verfügung steht und der KWK-Bonus aus dem EEG genutzt werden kann (5). Anlagen zur Filtration von Gülle/Gärprodukt haben hohe Anschaffungskosten und auch die Betriebskosten liegen mit deutlich mehr als 10 € pro m³ Gülle/Gärprodukt eher im oberen Bereich. Der Einsatz dieser Technik ist nur dann wirtschaftlich darstellbar, wenn keine Überschusswärme an der Anlage verfügbar ist und große Transportentfernungen zusätzliche Kosten verursachen (2) (5). Durch eine fortlaufende Verbesserung der Technik kann es durchaus sein, dass im Bereich der Gärprodukt/Gülle-Filtrierung zukünftig mit sinkenden Betriebskosten gerechnet werden kann.

Ökologie

Der Gärrest oder das Gärprodukt einer Biogasanlage stellt im Kontext der Kreislaufwirtschaft ein wichtiges Bindeglied zwischen der Nutzung von Pflanzen und Wirtschaftsdünger zur Energiegewinnung und der Rückführung von darin enthaltenen Nährstoffen in die Böden dar. Probleme treten dann auf, wenn Flächen für die Rückführung dieser Nährstoffe nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind oder sich die jeweilige Biogasanlage in einem Nährstoffüberhanggebiet (rote Gebiete laut Umweltbundesamt: https://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/grundwasser/nutzung-belastungen/faqs-zu-nitrat-im-grund-trinkwasser#was-ist-der-unterschied-zwischen-trinkwasser-rohwasser-und-grundwasser) befindet und das Gärprodukt aufgrund der Düngeverordnung nur mit Einschränkungen ausgebracht werden kann. Ist dies der Fall, sind größere Lagerkapazitäten erforderlich oder das Gärprodukt muss teilweise in weiter entfernt liegende Gebiete verbracht werden. Durch das bei diesen Transporten ausgestoßene CO2 verschlechtert sich dann wiederum die Treibhausgasbilanz von Biogasanlagen. Die im Gärprodukt enthaltenen organischen Pflanzennährstoffe in Mineraldünger zu überführen ist ökologisch sicherlich sinnvoll und kann einerseits teuren und energieintensiv hergestellten Stickstoffdünger und knapper werdenden Phosphordünger ersetzen und andererseits durch bedarfsgerechte Düngung helfen, Nährstoffüberschüsse im Boden und im Grundwasser zu vermeiden. Holzfaserprodukte aus Gärprodukt könnten dazu beitragen, eine steigende Nachfrage nach Sägewerksnebenprodukten mit abzudecken. Denn insbesondere durch die vermehrte Nachfrage nach Holzpellets, sind hier in den letzten Jahren neue Nutzungskonkurrenzen entstanden.

Betriebliche Umsetzung

Für die Weiterverarbeitung des an Biogasanlagen anfallenden Gärproduktes existieren sehr unterschiedliche Verfahren (siehe oben) und mit Neuerungen und Verbesserungen kann sicherlich auch in diesem Bereich zukünftig gerechnet werden. Die beschriebenen Verfahren bringen sehr unterschiedliche Investitions- und Betriebskosten mit sich und müssen, wenn eine Gärproduktaufbereitung erwünscht ist, immer betriebs- und anlagenspezifisch im Einzelfall betrachtet werden. Je nach Lage, Größe und Ausstattung der Biogasanlage können ganz verschiedene Verfahren Sinn machen und wirtschaftlich darstellbar sein, oder eben nicht. Somit steht vor jeder Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Technik immer die Beratung durch fachlich kompetente Experten in diesem Bereich.

Praxisbeispiele und Kontaktdaten

Zum Weiterlesen

1.  LWK NRW (Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen). Verfahren zur Aufbereitung von Gülle und Gärprodukten [online], 2013 [Zugriff am: 4. März 2020]. Verfügbar unter: https://www.landwirtschaftskammer.de/duesse/znr/pdfs/2013/2013-04-25-biogastagung-04.pdf

2.  Drosg, B.; Fuchs, W.; Al Seadi, T.; Madsen, M.; Linke, B. Nutrient recovery by biogas digestate processing [online], 2015. Verfügbar unter: http://task37.ieabioenergy.com/files/daten-redaktion/download/Technical%20Brochures/NUTRIENT_RECOVERY_RZ_web1.pdf

3.  Effenberger, M.; Möhrle, H.; Winkler, G.; Krodel, T. Technische Empfehlungen für die Gärprodukttrocknung [online], 2015 [Zugriff am: 4. März 2020]. Verfügbar unter: https://www.biogas-forum-bayern.de/De/Fachinformationen/Garreste/nachhaltig-erneuerbar-energie_Garresttrocknung.html

4.  Lebuf, V.; Accoe, F.; Vaneeckhaute, C.; Meers, E. Nutrient recovery from digestates: techniques and end-products [online], 2012 [Zugriff am: 4. März 2020]. Verfügbar unter: http://hdl.handle.net/1854/LU-3063579

5.  Roth, U.; Wulf, S.; Fechter, M.; Dahlin, J. Bedeutung der Rahmenbedingungen für die Wirtschaftlichkeit der Gärproduktaufbereitung. Hannover, 14. November 2018. Biogas Convention. Verfügbar unter: https://www.ktbl.de/fileadmin/user_upload/Artikel/Energie/Biogas/Roth_WirtschaflichkeitAufbereitung_BiCon2018.pdf

Festbrennstoffgewinnung durch Silagetrennung

von Roland Bauböck und Marianne Karpenstein-Machan

Warum sollte man auf diese Technik/Entwicklung umsteigen?

Wertschöpfung aus den Stoffen an der Anlage optimieren, Beitrag zur Kaskadennutzung, zweites Standbein neben der Energieproduktion durch Verkauf von „veredelten“ Produkten.

Stand der Entwicklung 

Durch die Separierung der Silage-Biomasse in feste und flüssige Phase kann eine Doppelnutzung von ein und demselben Ausgangssubstrat erreicht und somit die Nutzungseffizienz gesteigert werden. Diese Form der Silagenutzung geht auf Prof. Scheffer zurück und wurde seitdem kontinuierlich zum sog. IFBB-verfahren (Integrierte Festbrennstoff- und Biogasproduktion aus Biomasse) weiterentwickelt (1) . Einen Nutzungszweig stellt das von der Firma getproject in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Uni Kassel entwickelte Biomass to Energy Verfahren (BtE®). Hierbei wird halmgutartige Biomasse (z.B. aus der Landschaftspflege) abgepresst, der Presssaft wird in einem Festbett-Fermenter vergoren und das gewonnene Biogas in einem Blockheizkraftwerk (BHKW) verstromt. Die feste Phase wird mit der Abwärme des BHKW getrocknet und pelletiert und kann als Festbrennstoff in Heizkesseln für die Wärmeversorgung von Haushalten eingesetzt werden. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass auch minderwertige Biomassen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht wirtschaftlich in Biogasanlagen eingesetzt werden könnte, einer energetischen Verwertung zugeführt werden können.

Der zweite Nutzungspfad basiert auch auf dem IFBB-Verfahren, verfolgt jedoch das Ziel, aus der festen Fraktion der Biomasse keine Festbrennstoffpellets herzustellen, sondern diese mit dem Pyrolyse-Verfahren in Aktivkohle umzuwandeln. Auch hierbei wird mit in Biogasanlagen schwerer verwertbaren Restbiomassen gearbeitet, um den Einsatz von anderweitig nutzbaren teuren nachwachsenden Rohstoffen (NawaRos) zu vermeiden. Aus der silierten Biomasse wird zunächst eine Silomaische hergestellt, diese wird anschließend mit einer Schneckenpresse abgepresst. Der Presssaft kann dann der Biogasgewinnung zugeführt werden. Nach dem IFBB-Verfahren kann der abgepresste Teil der Biomasse dann entweder mit der Abwärme eines BHKWs getrocknet und zu Brennstoffbriketts gepresst oder auch einer Pyrolyseanlage zugeführt werden. Gegen die Nutzung solcher Gärrestbriketts als Brennstoff sprechen allerdings die hohen Stickstoffoxid (NOx) und Schwefeldioxid (SO2)-Emissionen, die bei der Verbrennung von derartigen Brennstoffen auftreten und geltende Grenzwerte aus der BImSchV (Bundesemissions-Schutzverordnung) und der TA-Luft (Technische Anleitung Luft) überschreiten können. Die Nutzung solcher Brennstoffe in einer Pyrolyseanlage ist aus emissionsrechtlicher Sicht deutlich unproblematischer.

Rechtliche Situation

Pflanzenkohle ist seit 01/2020 in der EU als Bodenverbesserer im ökologischen  Landbau zugelassen, für die Aufnahme in den EU-Düngeproduktekatalog findet seit 2019 eine Prüfung seitens der EU-Kommission statt (2). Auf Bundesebene hat der Fachverband Pflanzenkohle (FVPK) 09/2019 einen Antrag zur Zulassung als Düngemittel an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eingereicht. Für Pflanzenkohle existiert ein EU-einheitliches Zertifikat, das „European Biochar Certificate“. Mit diesem Zertifikat wird eine gleichbleibend hohe Qualität und die ausschließliche Verwendung von zugelassenen Biomassen bei der Pflanzenkohleproduktion gewährleistet.

Wirtschaftlichkeit

Pflanzenkohlen besitzten, je nach deren Ausgangsbiomasse und ihrer physikalisch/chemischen Beschaffenheit einen Marktwert, der sich an deren Einsatzmöglichkeiten und der Marktnachfrage orientiert. Die höchsten Preise lassen sich vermutlich mit „aktivierten“ Kohlen, also mit Aktivkohlen aus Biomasse erzielen. Hier orientiert sich der Marktpreis an den aus Steinkohle oder Kokosnussschalen erzeugter Aktivkohle. Diese Produkte werden international mit Handelswerten um die 1000 US-Dollar pro Tonne beziffert. Aktivkohle findet z.B. als Filtermaterial zur Wasser- und Luftbehandlung Anwendung. Aber auch für nicht-aktivierte Pflanzenkohlen existieren bereits etablierte Märkte, auf denen diese verkauft werden können. Allen voran sind in diesem Kontext der Einsatzbereich als Futterkohlen (Tierhaltung) und der Bodenanwendungen (Terra-Preta Erden) zu nennen.

Pflanzenkohle/Aktivkohle ist ein vielseitiges Produkt, das sich für die Anwendung in folgenden Bereichen etabliert hat oder Anwendung findet:

  • Natürlicher Bodenverbesserer (fördert den Nährstoff- & Wassergehalt sowie Humusaufbau)
  • Natürliche Futtermittelzugabe (in Form von Futterkohle; verbessert die Tiergesundheit)
  • Additiv im Biogasprozess (verbessert den Gasertrag)
  • Natürliches Stalleinstreu (verbessert das Stallklima & reduziert den Materialaufwand)
  • Natürlicher Hilfsstoff für die Kompostierung (bindet Nährstoffe & reduziert Klimagase)
  • Filtermittel (in Form von Aktivkohle oder aktivierter Pflanzenkohle)
  • Kosmetik & Arzneimittelzusatz (in Form von Aktivkohle oder aktivierter Pflanzenkohle)
  • Zuschlagstoff für Zementprodukte (verbesserte Materialeigenschaften, CO2-Speicherung)
  • Einsatz in Verbundwerkstoffen
  • Zuschlagstoff für Asphalt (CO2-Speicherung)

Aus Pflanzenkohle lässt sich in einem weiteren Verarbeitungsschritt die sog. „Terra Preta“ herstellen. Terra Preta ist Biokohle, die durch Vermischung mit Dung und Humus biologisch aktiviert, also mit Pflanzennährstoffen und Mikroorganismen aufgeladen ist. Mit Biokohle und Terra Preta können Sackwarenpreise von 1€ pro kg bzw. Liter im Einzelhandel erzielt werden. Eine weitere Anwendung der Pflanzenkohle kann die Nutzung  zur Entschwefelung in Biogasanlagen sein, um Korrosionsschäden durch Schwefelverbindungen an den Motoren und den Abgaswärmetauschern zu verhindern. Auch eine Steigerung des Gasertrages durch den Einsatz von Pflanzenkohle in Fermentern durch eine Reduktion der Ammonium-Hemmung  wurde durch Labor- und Praxisversuche belegt (3) (4).

Ökologie

Restbiomassen aus der Landschaftspflege werden zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in nennenswertem Umfang einer energetischen oder stofflichen Nutzung zugeführt. Dennoch würde sich die Nutzung aus Sicht der Landschaftspflege und des Naturschutzes zum Erhalt dieser Ökosystemtypen auf jeden Fall empfehlen (5). Werden diese Flächen nicht gepflegt (frühere Nutzung oft extensive Weidehaltung) drohen Verbuschung, die Umwandlung zu Ackerland oder Aufforstung (6). Werden die Flächen zwar gemäht, aber das Schnittgut nicht abtransportiert, droht eine Eutrophierung der oft mageren Standorte. Auch im Falle von Ufersäumen oder anderen Feuchtstandorten muss durch regelmäßige Pflege einem Zuwachsen oder einer Verlandung vorgebeugt werden, um diese sensiblen Bereiche zu erhalten (Gewässerunterhaltung). Insofern kann eine gesteigerte Wertschöpfung aus diesen Biomassen über die o.ä. Verfahren einen Beitrag zum Erhalt sensibler Bereiche der Kulturlandschaft beitragen. Wenn durch das Pyrolyseverfahren zusätzlich importierte Steinkohle durch Bio-Aktivkohle ersetzt werden kann, dann können auf diesem Wege zusätzlich Treibhausgasemissionen vermieden werden.

Betriebliche Umsetzung

Die Gewinnung von Festbrennstoffen und Pyrolysekohle aus Biogassilage ist bisher nicht über das Stadium von Versuchs- und Demonstrationsanlagen hinausgekommen. Aus Sicht der Bioökonomie und einer Kaskadennutzung von Biomassen machen diese Verfahren aber durchaus Sinn und werden daher auch nach wie vor untersucht und beforscht. Insbesondere der Produktion von Biokohlen mit ihren unterschiedlichen Anwendungsbereichen werden derzeit gute Absatzmärkte eingeräumt. Denoch ist natürlich zurzeit jede Investition in diese Technologien noch ein Schritt in das Handlungsfeld der Pioniere und sollte daher gut durchdacht und berechnet sein.

Praxisbeispiele

Eine Versuchs- und Demonstrationsanlage für die Gewinnung von Festbrennstoffen aus Silagepresskuchen der Firma getproject (siehe oben) steht in Borgstedt, Schleswig-Holstein. https://www.getproject.de/de/bioenergie/

Als gelungenes Beispiel für den Einsatz einer Pyrolyseanlage in der Landwirtschaft lässt sich der Hof Wies, der Fa. Keiser in der Schweiz nennen. Hier wird der feinere, ausgesiebte Staub von Hackschnitzel in der Pyrolyse unter Freigabe von Energie zu Pflanzenkohle gemacht. Mit der Abwärme werden wiederum die Hackschitzel selbst getrocknet. Der ausgesiebte Staub ist ein Abfallprodukt und könnte sonst nicht weiter verwertet werden. Die Pflanzenkohle findet als Kompostzugabe, Stalleinstreu und Bodenverbesserer ihre Anwendungsbereiche und dient zugleich als Kohlenstoffspeicher. Eine ausführliche Beschreibung hierzu findet sich u.a. auf den Seiten des Ithaka-Journals (Journal für Ökologie, Weinbau und Klimafarming) http://www.ithaka-journal.net/klimapositive-landwirtschaft

Insbesondere die in Dörth, NRW ansässige Firma Pyreg hat an verschiedenen Standorten in Europa, aber auch China, Indien und den USA bereits Anlagen installiert, die mit unterschiedlichen Einsatzstoffen betrieben werden. Ein Überblick findet sich hier: https://pyreg.com/de/unsere-erfolge/

Zum Weiterlesen

1.  Meier, D. Brennstoff aus Landschaftspflegegut [online], 2016. In: Energie aus Pflanzen, 2016, (4), 16-17. Verfügbar unter: https://www.uni-kassel.de/fb11agrar/fileadmin/datas/fb11/Gr%C3%BCnlandwissenschaft_nachwachsende_Rohstoffe/Dokumente/eap_2016-4_IFBB.pdf

2. Amtsblatt der Europäischen Union. Amtsblatt L 170, 62. Jahrgang, 25. Juni 2019 [Zugriff am: 10. März 2020]. Verfügbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2019:170:FULL

3.  Gaul, T. Pflanzenkohle im Fermenter, 2019. In: Biogas Journal, 2019, (4), 32-34.

4.  Rödger, J-M.; Ganagin, W.; Krieg, A.; Roth, C; Loewen, A. Steigerung des Biogasertrages durch die Zugabe von Pflanzenkohle, 2014. In: Müll und Abfall, 2014, (9,13), 476-481. Verfügbar unter: https://doi.org/10.37307/j.1863-9763.2013.09.08

5.  Schoof, N; Luick, R.; Ackermann, A.; Baum, S.; Böhner, H.; Röder, N.; Rudolph, S.; Schmidt, T.; Hötker, H.; Jeromin, H. Auswirkungen der neuen Rahmenbedingungen der Gemeinsamen Agrarpolitik auf die Grünland-bezogene Biodiversität [online], 2019 [Zugriff am: 16. Oktober 2019]. Verfügbar unter: https://www.researchgate.net/publication/335580755_Auswirkungen_der_neuen_Rahmenbedingungen_der_Gemeinsamen_Agrarpolitik_auf_die_Grunland-bezogene_Biodiversitat_-_BfN-Skript_540

6.  Isselstein, J., T. Michaelis und G. Bellof. Fachforum Grünland. Grünland innovativ nutzen und Ressourcen schützen: Forschungsstrategie der Deutschen Agrarforschungsallianz. Stand 12/2015. Braunschweig: dafa Deutsche Agrarforschungsallianz, 2015. ISBN 978-3-86576-146-0.

Gewinnung von chemischen Grundstoffen aus Grassilage

von Roland Bauböck und Marianne Karpenstein-Machan

Warum sollte man auf diese Technik/Entwicklung umsteigen?

Wertschöpfung aus den Stoffen an der Anlage optimieren, Beitrag zur Kaskadennutzung, Zweites Standbein neben der Energieproduktion.

Stand der Entwicklung 

Die Idee der Bioraffinerie, also die Erzeugung von sog. Plattformchemikalien oder Grundstoffen für die chemische Industrie aus Biomasse ist ein relativ neuer Forschungsansatz, der auf dem Konzept der Bioökonomie beruht. Die Bioökonomie beschreibt die Transformation bei der die Verarbeitung von fossilen Rohstoffen (Öl, Kohle) schrittweise durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden. Begleitgedanken der Bioökonomie sind zudem die Kaskadennutzung (erst stoffliche, dann energetische Verwertung von Biomasse) und das Konzept der Kreislaufwirtschaft mit der Vermeidung von Abfällen (1). Die Gewinnung von sog. Plattfomchemikalien aus pflanzlicher Biomasse macht insbesondere dann Sinn, wenn nach der Extraktion dieser Grundstoffe (Aminosäuren, Sacharide, Lipide, Lignin, Färbe- und Duftstoffe) die verbleibende Biomasse der Vergärung/Energiegewinnung zugeführt wird, also z.B. an Standorten von Biogasanlagen. Die Technologiereife der verschiedenen Nutzungspfade ist bisher unterschiedlich weit entwickelt und für manche Verfahren existieren bereits Demonstrationsanlagen (2). Insgesamt ist diese Sparte der Kaskadennutzung von Biomasse an Biogasanlagen bisher kaum in der Praxis angekommen.

Rechtliche Situation

Für Anlagen dieser Art gilt das Bundesimmisionsschutzgesetz (BImSchG). Die Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImschV) stellt sicher, dass über Genehmigungs- und Überwachungsverfahren Anlagen, die unter diese Verordnung fallen, festgelegte Grenzwerte für Emissionen (z.B. Schall und Geruch) eingehalten werden und dass das Austreten von umweltschädlichen Substanzen und Stoffen durch entsprechende bauliche Maßnahmen im Vorwege verhindert wird.

Wirtschaftlichkeit

Alle Investitionen, die zu diesem Zeitpunkt in Bioraffinerieanlagen in Verbindung mit einer Biogasanlage getätigt werden, müssen besonders sorgfältig durchgerechnet werden. Dies liegt zum einen in der noch sehr neuen Technologie und zum anderen in den bisher wenig vorhandenen Erfahrungen mit dem Absatz der erzeugten Produkte. Insofern ist jede wirtschaftliche Tätigkeit in diesem Gebiet zunächst einmal Pionierarbeit und mit Risiken und Chancen gleichermaßen verbunden. Einerseits muss sichergestellt werden, dass ein guter Absatz der Produkte gegeben ist und anderseits muss auf der Inputseite der Zugriff auf eine ausreichende Rohstoffbasis gewährleistet sein. Eventuell würde sich, für die Erzielung von Kostendegressionen beim Anlagenbau und Risikominderung durch ein Gemeinschaftsprojekt, ein Zusammenschluss mehrerer kleiner Anlagen anbieten.

Ökologie

Die schrittweise Abkehr von der Nutzung fossiler Ressourcen für die Herstellung von Werkstoffen und Chemikalien ist im Hinblick auf die Verfügbarkeit, den Abbau und die damit verbundenen Treibhausgasemissionen sicherlich ein Ansatz, der in die richtige Richtung geht. Insbesondere Erdöl ist, auch wenn durch neue Techniken und Quellen bisher unwirtschaftliche Potenziale erschlossen werden, eine endliche Ressource. Aus diesem Grund wurde schon 2013 von der damaligen Bundesregierung die „nationale Politikstrategie Bioökonomie“ (3) auf den Weg gebracht. Ein Wandel hin zur Bioökonomie soll die Abhängigkeit von fossilem Öl als Grundstoff der chemischen Industrie verringern, die Wertschöpfung vor Ort steigern und gleichzeitig Ökosysteme vor weiteren Belastungen, die durch die Förderung, den Transport und die Verarbeitung von Mineralöl entstehen, zu schützen.

Praxisbeispiele

Bei der Biowert in Brensbach im Odenwald (Hessen) wird aus Grassilage Energie gewonnen und Biokunststoff hergestellt: https://biowert.com/.
Diese Art von Anlage ist bisher einzigartig in Deutschland! Grasfasern werden mit Anteilen von bis zu 75% mit Polyethylen, Polypropylen und anderen recyclingfähigen Kunststoffen zu verschiedenen Kunststoffprodukten wie z.B. Terassendielen verarbeitet. Aus dem energiereichen Pressaft der Gassilage wird zudem in einer eigenen Biogasanlage Energie gewonnen.

Die Firma Biofabrik aus Dresden gewinnt mit ihrer Anlage „Grüne Raffinerie“ in Blizevedly (Tschechische Republik) Aminosäuren und Energie aus Grassilage. Ähnlich wie bei dem Verfahren von Biowert (siehe oben), wird die Grassilage vor der Verarbeitung abgepresst. Allerdings geht hier der Grassaft in die Produktgewinnung (Aminosäuren) und die feste Phase wird in der Biogasanlage vergoren und zur Stromgewinnung genutzt. Aus den Aminosäuren lassen sich z.B. biobasierte Düngeprodukte („BLATTWERK“), aber auch Aminosäuren als Nahrungsergänzungsmittel herstellen.

Zum Weiterlesen

1. BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) (Hrsg.). Nationale Forschungsstrategie Bioökonomie 2030. Unser Weg zu einer bio-basierten Wirtschaft [online], 2010. Verfügbar unter: https://www.bmbf.de/upload_filestore/pub/Nationale_Forschungsstrategie_Biooekonomie_2030.pdf

2. Dieckmann, C.; Lamp, A.; Schmidt, L.-M.; Andersen, L.; Baetge, S.; Kaltschmitt, M. Von der Biogasanlage zur Bioraffinerie – Perspektiven für zukünftige Biogasanlagenkonzepte, 2018. In: Zeitschrift für Energiewirtschaft, 2018, 42(3), 235-256. ISSN 0343-5377

3. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Nationale Politikstrategie Bioökonomie. Nachwachsende Ressourcen und biotechnologische Verfahren als Basis für Ernährung, Industrie und Energie [online], 2014. Verfügbar unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Biooekonomiestrategie.pdf?__blob=publicationFile&v=3