Landschaftspflegegras

von Roland Bauböck und Marianne Karpenstein-Machan

Warum sollte man auf diese Technik/Entwicklung umsteigen?

Reduzierung von Kosten durch teure Anbaubiomasse, Maisdeckelung einhalten, Vermeidung von Konkurrenz um Ressourcen, Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft.

Stand der Entwicklung 

Im Gegensatz zu kultivierten Energiepflanzen oder als Futter angebautes Gras ist Landschaftspflegegras (LPG) aus extensiver Grünlandnutzung in seiner Vergärbarkeit und dem Gasertrag ein eher heterogeneres Substrat und die Ertrags- und Gaserwartungen liegen auch meist unter denen von Anbaubiomasse. Diese Nachteile können zum Teil dadurch kompensiert werden, dass ein großer Teil der üblichen Biomasse-Produktionskosten beim LPG nicht anfällt (Saatgut, Pflanzenschutz). Weiterhin können für die Bewirtschaftung von Extensivgrünlandflächen über die Agrarumweltprogramme der Länder Kompensationszahlungen in Anspruch genommen werden, die je nach Biotoptyp und Erschwernis bei der Ernte gezahlt werden. Auch besteht die Möglichkeit, die Vergärbarkeit von LPG durch mechanische (Querstromzerspanner, Hammermühle) und/oder enzymatische Aufbereitung zu verbessern, und so die Gasausbeute des Materials zu erhöhen.

Rechtliche Situation

Der Vergärung von Landschaftspflegeschnitt in der Biogasanlage steht aus rechtlicher Sicht nichts im Wege. Landschaftspflegegras ist per Definition ein nachwachsender Rohstoff und kann nach EEG 2009 auf den NawaRo-Anteil angerechnet werden (Positivliste). Nach dem EEG 2012 gibt es für Landschaftspflegematerial eine eigene Einsatzstoffvergütungsklasse mit einer Zusatzvergütung. Im EEG 2017 zählt Landschaftspflegematerial als NawaRo.

Wirtschaftlichkeit

Aufgrund der sehr unterschiedlichen Beschaffenheit von Extensivgrünlandschnitt kann von keiner „Ertragsfaustzahl“ wie beispielsweise beim Silomais ausgegangen werden. Die Ertragsspanne liegt nach Literaturangaben zwischen etwa 1 t Trockenmasse (TM) pro Hektar (ha) pro Jahr für sog. Magerrasen und mehr als 10 t TM/ha/a für feuchte Standorte wie z.B. Niedermoore oder Auengebiete (1). Generell gilt, umso niedriger der Hektarertrag, desto geringer ist auch die Transportwürdigkeit des Schnittes. Handelt es sich um viele kleinere Flächen (< 1-2 ha), müssen diese wiederum im räumlichen Bezug zu einander sein. Die Gaserträge von LPG können je nach Beschaffenheit des Standortes sehr stark schwanken. Sie werden nach Auswertung von Literaturangaben von Leible et al. (2) mit einer Spanne von 80–400 Nl CH4/kg oTS angegeben. Je nach Annahme des Wertes können die Methanausbeuten im Vergleich zu Silomais also erheblich geringer sein. Trotz dieser Eigenschaften von LPG kann eine Nutzung in der Biogasanlage wirtschaftlich sein, wenn Möglichkeiten und Anreize des Vertragsnaturschutzes dabei ausgenutzt werden. Eine weitere Möglichkeit die Wirtschaftlichkeit der Substrate zu verbessern liegt in einem besseren Aufschluss des Materials durch spezialisierte Bakteriengruppen, auch Starterkulturen genannt. Die Hochschule für angewandte Wissenschaft Hamburg und die ISF-GmbH haben in einem gemeinsamen Forschungsvorhaben Bakterien aus belüfteten Kompostflüssigkeiten gewonnen, die sich positiv auf die Biogasausbeute verschiedener ligninhaltiger Substrate auswirkte. In Laborfermentern konnte gezeigt werden, dass nach Zusatz der Starterkulturen sich die Gasausbeute von Maissilage und Stroh um +10% bis +43% Prozent und von Grassilage von +10% bis +25% erhöhte. Die Versuche mit Silomais und Stroh zeigten sogar einen teilweisen Abbau des als schwer vergärbaren Ligninanteils, so die Autoren der Studie (3).

Ökologie

Extensivgrünland zählt aufgrund seiner besonderen Artenzusammensetzung und Artenvielfalt zu den wertvollsten Flächen unserer Agrar- und Kulturlandschaft. Durch Strukturwandel und Nutzungsaufgabe sind diese Flächen jedoch in ihrem Fortbestand oftmals bedroht. Als Beispiel sind hier die durch Nutzungsaufgabe betroffenen Weideflächen in den Mittelgebirgsregionen zu nennen. Folge sind dann oft der Umbruch zu Ackerland, Aufforstung oder das Zuwachsen der Flächen (4). Wenn es gelänge, Extensivgrünlandschnitt in nennenswertem Umfang in die Biogaserzeugung einzubinden, könnte damit ein Synergieeffekt aus Naturschutz und der Erzeugung von erneuerbaren Energien erzielt werden. Die Nutzung und Pflege von besonderen Biotoptypen im Grünlandbereich wird, je nach Bundesland, Biotoptyp und Bewirtschaftungsform, mit Ausgleichsprämien über die Agrarumweltmaßnahmen von teilweise mehreren 100 €/ha gefördert. Durch die Inanspruchnahme solcher Förderungen (Vertragsnaturschutz) kann die Nutzung von Extensivgrünlandschnitt als Substrat für Biogasanlagen wirtschaftlich werden. Dass die Nutzung von höheren Gras-Anteilen in einer Biogasanlage gut funktionieren kann, beweisen Beispiele aus der landwirtschaftlichen Praxis (5).

Betriebliche Umsetzung

Technische (Aufbereitungstechnik zur Zerkleinerung) und biologische (Enzyme, spezialisierte Bakterien) Anpassung der Biogasanlagentechnik an das Landschaftspflegegras (siehe oben).

Zum Weiterlesen

1. Sauter, P.; Billig, E.; Döhling, F.; Pilz, A.; Brosowski, A.; Kirsten, C.; Bosch, J.; Büchner, D.; Majer, S.; Weller, N.; Witt, J.; Seidenberger, T.; Schickentanz, S.; Peters, W.; Lochmann, Y.; Prochnow, A. Grünlandenergie Havelland. Entwicklung von übertragbaren Konzepten zur naturverträglichen energetischen Nutzung von Gras und Schilf am Beispiel der Region Havelland. Leipzig, 2013.

2. Leible, L.; Kälber, S.; Kappler, G.O.; Oechsner, H.; Mönch-Tegeder, M. Biogas aus Landschaftspflegegras. Möglichkeiten und Grenzen, 2015. Hannover: Technische Informationsbibliothek u. Universitätsbibliothek; KIT Scientific Publishing, 2015. KIT scientific reports. 7691. ISBN 9783731503538.

3. Scherer, P.; Off, S.; Wegner, K.; Fritz, T.; Ramhold, D.; Mähl, B. Bioaugmentation von Biogasanlagen durch Starterkulturen aus definierter Feststofffermantation: MethaKomp. Hamburg, 2019.

4. Isselstein, J.; Michaelis, T.; Bellof, G. Fachforum Grünland. Grünland innovativ nutzen und Ressourcen schützen: Forschungsstrategie der Deutschen Agrarforschungsallianz. Stand 12/2015. Braunschweig: dafa Deutsche Agrarforschungsallianz, 2015. ISBN 978-3-86576-146-0.

5. Karpenstein-Machan, M.: Gras. Energie aus Pflanzen, 2008, (1).