Mehrjährige Blühmischungen / Wildpflanzenmischungen

von Roland Bauböck und Marianne Karpenstein-Machan

Warum sollte man auf den Anbau dieser Pflanzen umsteigen?

Maisdeckelung einhalten, Beitrag zur Biodiversität in der Agrarlandschaft, Boden- und Gewässerschutz, Bienenweide sowie Akzeptanzförderung der Bioenergie in der Bevölkerung.

Stand der Entwicklung 

Wildpflanzenmischungen (WPM) werden in der Landwirtschaft in erster Linie im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen (Anlage von Blühstreifen, Blühflächen) ausgesät. Durch das Bekanntwerden des starken Artenrückgangs in der Agrarlandschaft rückte die moderne Intensivlandwirtschaft mit ihren hohen Dünger- und Pflanzenschutzmitteleinsätzen immer mehr in den Fokus der Kritik (1). Gleichzeitig wurde der Ruf nach mehr Blühpflanzen und Artenvielfalt in der Agrarlandschaft durch verschiedenen Verbände und Initiativen immer lauter. Mehrjährige Blühpflanzen als Substrat für Biogasanlagen werden erst seit einigen Jahren getestet. Erste Ergebnisse hinsichtlich des Trockenmasse- und Gasertrages aus Anbauversuchen und dem Einsatz in Biogasanlagen liegen vor.

Rechtliche Situation

Der Anbau von Blühpflanzenmischungen im Rahmen der Agrarumweltmaßnahmen und die anschließende Verwertung in einer Biogasanlage schließen sich gegenseitig aus. Blühmischungen für die energetische Nutzung können nicht als Greeningfläche angerechnet werden. Blüh- und Wildpflanzen sind nachwachsende Rohstoffen (NawaRos) im Sinne der Einsatzstoffvergütung und des NawaRo-Bonus.

Wirtschaftlichkeit

WPM bringen sowohl geringere Flächen- als auch Gaserträge im Vergleich zur Referenzkultur, dem Silomais. Im Schnitt werden etwa zusätzliche Flächen in der Größenordnung von Faktor 2,5 benötigt, um die gleiche Menge an Energie zu produzieren. Die Mehrjährigkeit von WPM wirkt sich andererseits ökonomisch vorteilhaft aus. Aufgrund der geringeren Hektar-und Methanerträge kommen die ökonomischen Nachteile von WPM insbesondere bei höheren Pachtpreisen und begrenztem Flächenangebot zum Tragen. Als Ergänzung zu etablierten Energiepflanzen, auf Grenzertragsstandorten, schlecht zugänglichen oder schlecht geschnittenen Flächen sowie auf Randstreifen entlang von Wegen und Gewässern, ließe sich nach einer Studie des BfN (2) ein wirtschaftlicher Anbau von WPM realisieren. Die betriebswirtschaftlichen Verluste gegenüber Silomais als Energiepflanze werden nach verschiedenen Berechnungen (3), (4), (5) in einer Spanne von 200 – 1000 €/ha (ᴓ 500€/ha) beziffert. Diese Mindereinnahmen müssten, wenn der Anbau politisch gewollt ist und ausgebaut werden soll, über externe finanzielle Ausgleichszahlungen für das Erbringen von Naturschutzdienstleistungen o.ä. ausgeglichen werden.

Ökologie

Hinsichtlich der Ökologie können Blüh- und Wildpflanzenmischungen einen deutlich positiven Beitrag zur Diversifizierung und Lebensraumerweiterung in der Agrarlandschaft leisten (2). Weiterhin fördern diese eine reichere Agrar-Biodiversität und können durch die ganzjährige Bedeckung und die somit nicht auf diesen Flächen zum Einsatz kommenden Pflanzenschutzmittel einen Beitrag zum Boden- und Gewässerschutz leisten. Werden die nährstoffreichen Gärreste wieder zurückgeführt, wird dabei ein Beitrag zur Kreislaufwirtschaft geleistet.

Betriebliche Umsetzung

Klima und Boden: Keine besonderen Ansprüche

Saatgut: ein- und mehrjährige Mischungen mit ökologischer oder ökonomischer Ausrichtung stehen zur Verfügung, siehe:

https://www.saaten-zeller.de/landwirtschaft/biogas-i

https://www.lwg.bayern.de/landespflege/urbanes_gruen/196734/index.php

Praxisbeispiel

In Nordbayern wurde in einer Kooperation zwischen dem Kreisverband Rhön-Grabfeld (Bayerischer Bauernverband) und der Agrokraft GmbH das Wildpflanzenprojekt Rhön-Grabfeld ins Leben gerufen. Das Wildpflanzenprojekt ist 2017 als Gemeinschaftsprojekt von Landwirten, Biogasanlagenbetreibern, Naturschützern und Imkern an den Start gegangen, um die Biodiversität in der Agrarlandschaft zu fördern und die Ressourcen Boden und Gewässer besser vor Erosion bzw. Nährstoff- und Pflanzenschutzmitteleinträgen zu schützen. Ein Imagefilm findet sich unter diesem Link: https://youtu.be/jx5ebh5v9oM

Zum Weiterlesen

1. Balzer, F. und Schulz, D. Umweltbelastende Stoffeinträge aus der Landwirtschaft. Möglichkeiten und Maßnahmen zu ihrer Minderung in der konventionellen Landwirtschaft und im ökologischen Landbau [online], 2015 [Zugriff am: 18. Oktober 2019]. Verfügbar unter: http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltbelastende-stoffeintraege-aus-der

2. Dieterich, M.; Heintschel, S.; Hausberg, M. Biomassekulturen der Zukunft aus Naturschutzsicht. Ergebnisse aus dem F+E-Vorhaben (FKZ-Nr. 3511 82 150). Bonn – Bad Godesberg: Bundesamt für Naturschutz, 2016. BfN-Skripten. 442. ISBN 978-3-89624-178-8.

3. Vollrath, B.; Werner, A.; Degenbeck, M.; Illies, I.; Zeller, J.; Marzini, K. Energetische Verwertung von kräuterreichen Ansaaten in der Agrarlandschaft und im Siedlungsbereich. eine ökologische und wirtschaftliche Alternative bei der Biogasproduktion. Schlussbericht zum Forschungsvorhaben Nr. 22005308 (08NR053). Veitshöchheim, 2012. Verfügbar unter: https://www.lwg.bayern.de/mam/cms06/landespflege/dateien/energie_aus_wildpflanzhen_fnr_abschlussbericht_22005308_in.pdf

4. Vollrath, B.; Werner, A.; Degenbeck, M.; Marzini, K. Energetische Verwertung von kräuterreichen Ansaaten in der Agrarlandschaft. eine ökologische und wirtschaftliche Alternative bei der Biogasproduktion (Phase II). Schlussbericht zum Vorhaben. Veitshöchheim, 2016. Verfügbar unter: https://www.lwg.bayern.de/mam/cms06/landespflege/dateien/energie_aus_wildpflanzen_abschlussber_fnrii_in.pdf

5. Friedrichs, J.C. Wirtschaftlichkeit des Anbaus von Wildpflanzenmischungen zur Energiegewinnung – Kalkulation der erforderlichen Förderung zur Etablierung von Wildpflanzenmischungen [online]. Gutachten 32b-13, 2013 [Zugriff am: 17. Oktober 2019]. Verfügbar unter: https://lebensraum-brache.de/wp-content/uploads/2014/04/Gutachten