Umstieg auf Vergütung nach KWKG – innovative KWK

Warum sollte man auf diese Technik/Entwicklung umsteigen?

Der Aufbau eines innovativen KWK-Systems ermöglicht die Teilnahme an der entsprechenden Ausschreibung nach KWKG. Diese Förderung kann unter bestimmten Voraussetzungen einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb unterstützen.

Beschreibung der Handlungsempfehlung

Falls nach Ablauf der 20-jährigen EEG-Vergütung eine Teilnahme an der EEG-Ausschreibung für weitere 10 Jahre nicht möglich oder gewünscht ist oder bereits zu Ende geht, stellt eine Förderung nach Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) eine Möglichkeit dar, den Betrieb der Biogasanlage und des Nahwärmenetzes weiterzuführen. Ab einer installierten BHKW-Nennleistung von 1 MW kommt dabei die Teilnahme an der Ausschreibung für innovative Kraft-Wärme-Kopplung (iKWK) in Frage. Dabei wird eine möglichst flexible stromgeführte Fahrweise der KWK-Anlage verfolgt, während das Wärmenetz durch weitere erneuerbare Wärmeerzeuger ergänzend versorgt wird. In einem iKWK-System kann flexibel auf Schwankungen im Stromnetz reagiert und entsprechend die Erlöse an der Strombörse maximiert werden. Diese Flexibilität kann weiter gesteigert werden, indem ein zusätzlicher Wärmespeicher für das Nahwärmenetz errichtet wird, was ebenfalls über das KWKG förderbar ist. Kleinere Anlagen können an der normalen KWKG-Ausschreibung teilnehmen und werden für weitere EE-Wärmeerzeuger zusätzlich gefördert. Diese Option ist für Biogasanlagen allerdings nur bedingt wirtschaftlich, weshalb diese Handlungsempfehlung sich hauptsächlich auf innovative KWK-Systeme konzentriert.

Innovative KWK-Systeme

Innovative KWK-Systeme zeichnen sich darüber aus, dass stets ausreichend Wärme für das Netz zur Verfügung gestellt wird, während das BHKW stromgeführt betrieben werden kann. Im System wird außerdem ein möglichst hoher Anteil von Wärme aus erneuerbaren Energien angestrebt. Dazu wird die KWK-Anlage mit einem sogenannten innovativen erneuerbaren Wärmeerzeuger sowie einem elektrischen Wärmeerzeuger zu einem gemeinsam gesteuerten System zusammengeschlossen. Als innovative erneuerbare Technologien zählen in diesem Zusammenhang solarthermische oder geothermische Anlagen sowie elektrisch oder biogasbetriebene Wärmepumpen (s. hierzu auch (8)). Elektrische Wärmeerzeuger können beispielsweise eine Nachtspeicherheizung oder ein Elektrodenkessel sein. Der grundsätzliche Aufbau eines iKWK-Systems ist in Abbildung 1 dargestellt:

Abbildung 1: iKWK-System (eigene Darstellung nach (2))

Die KWK-Anlage wird mit Biogas oder Biomethan nur in den Zeiten betrieben, in denen Strom im Netz benötigt wird. Für zusätzliche Flexibilität wird ein elektrischer Wärmeerzeuger eingebunden. Dieser wird mit Strom aus einem der BHKWs, Netzstrom oder Strom aus anderen erneuerbaren Energien vor Ort versorgt. Dabei ist zu beachten, dass andere EE-Erzeuger nur Strom liefern dürfen, sofern sie nicht mehr über das EEG gefördert werden (Eigenversorgungsverbot nach §27a EEG). In Zeiten, in denen viel (EE-)Strom im Netz vorhanden ist, kann dieser sowie der KWK-Strom zur Wärmeerzeugung genutzt werden (1). Dadurch soll das Stromnetz entlastet und das Abregeln von EE-Stromerzeugern reduziert werden.

Stand der Entwicklung

Da die meisten Betreiber von Biogasanlagen noch regulär über das EEG gefördert werden, wurde für diese ein Umstieg auf iKWK derzeit noch nicht umgesetzt. Analog zum Ausschreibungsmodell des EEG werden im KWKG auf anzulegende Werte in cent pro kWh Strom geboten. Das Ausschreibungsvolumen für iKWK beträgt 50 MW im Jahr, die sich auf zwei Gebotstermine aufteilen. Der Höchstwert der Gebote beträgt 12 ct/kWh. Bisher liegen die durchschnittlichen Zuschlagswerte bei etwa 10,9 ct/kWh und damit niedriger als im Ausschreibungsmodell über das EEG. Abbildung 2 stellt die bisherigen Ausschreibungsergebnisse zusammen, wobei die Zahlen den jeweiligen durchschnittlichen Zuschlagswert in ct/kWh bezeichnen.

Abbildung 2: : Ausschreibungsergebnisse iKWK bis Juni 2021 (eigene Darstellung nach (3))

Die Zuschläge teilen sich in der Regel auf wenige Bieter auf, es scheinen bisher also primär größere Projekte an den Ausschreibungen teilzunehmen. Die angebotenen Mengen wurden in den letzten Ausschreibungsrunden weitestgehend ausgeschöpft. Dass ein Zuschlag erhalten wird, kann also nicht in jedem Fall garantiert werden, so dass hier Unsicherheiten für Bieter in der Gebotsabgabe bestehen.

Rechtliche Situation

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung als iKWK-System können §24 der KWK-Ausschreibungsverordnung (KWKAusV) entnommen werden. Demnach muss die verwendete KWK-Anlage eine installierte Leistung zwischen 1 MW und 10 MW besitzen, neu oder modernisiert und hocheffizient sein und mit Biogas oder Biomethan betrieben werden. Die innovativen erneuerbaren Wärmeerzeuger müssen fabrikneu sein und zusammen mindestens 30 % der Referenzwärme (also der Nutzwärme, die die KWK-Anlage mit 3.000 Vollbenutzungsstunden bereitstellen kann) im Jahr decken können. Weiter müssen sie zusammen eine Jahresarbeitszahl von mindestens 1,25 erreichen. Der elektrische Wärmeerzeuger muss ganzjährig zu jeder Zeit mindestens 30 % der KWK-Wärme bereitstellen können. Es ist eine stromseitige und (unmittelbar) wärmeseitige Verbindung zum BHKW notwendig (1).

Der Zeitraum der Vergütung ist an die Anzahl der Vollbenutzungsstunden geknüpft und bei den iKWK-Ausschreibungen auf 45.000 Stunden begrenzt (§19 KWKAusV). Im Jahr werden maximal 5.000 Stunden vergütet, was sich bis 2025 gestaffelt auf 3.500 Stunden reduziert (§8 Abs. 4 KWKG). Der produzierte Strom darf nur in das öffentliche Netz eingeleitet und abseits des elektrischen Wärmeerzeugers sowie des BHKW-Hilfsstroms nicht selbst verbraucht werden (vgl. §6 Abs. 3 KWKG). Grundsätzlich ist eine Kumulierung mit anderen Förderinstrumenten nicht erlaubt, es gibt allerdings Ausnahmefälle (vgl. §7 Abs. 5 KWKG).
Die genauen Voraussetzungen zur Teilnahme bei den Ausschreibungen sind in der KWK-Ausschreibungsverordnung (KWKAusV) geregelt und in (2) zusammengefasst. Detailliertere Informationen zum KWKG können in (4) nachgelesen werden.

Die Errichtung eines zusätzlichen Wärmespeichers wird über das KWKG einmalig gefördert, sofern die Wärme überwiegend aus KWK-Anlagen stammt, der Speicher größer als 1 m³ ist und die mittleren Wärmeverluste 15 W/m² nicht übersteigen. Es werden 250 €/m³ zugezahlt, für Wärmespeicher größer 50 m³ maximal 30 % der Investitionssumme, allerdings nicht mehr als 10 Mio. € (vgl. §§22,23 KWKG).

Wirtschaftlichkeit

Die nachfolgende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist auf viele Annahmen gestützt und kann als erste überschlägige Betrachtung gesehen werden. Für eine detaillierte Bewertung eines solchen komplexen Systems, in dem die einzelnen Komponenten stark miteinander verzahnt sind und sehr vor den örtlichen Rahmenbedingungen abhängen, ist eine vor-Ort-Analyse mit Jahressimulationen unerlässlich. Im Beispiel wird ein Szenario einer Biogasanlage mit 1.000 kW installierter BHKW Leistung untersucht, die auf ein iKWK-System umgestellt werden soll. Als erneuerbarer Wärmeerzeuger dient ein neues Solarthermiefeld mit Vakuumröhrenkollektoren. Ein Elektrodenheizkessel wird als zusätzlicher elektrischer Wärmeerzeuger angeschafft. Außerdem soll ein zusätzlicher Wärmespeicher errichtet werden, um die stromgeführte BHKW-Fahrweise sowie die Solarthermieproduktion zu optimieren. Die Auslegung der Komponenten erfolgt nach den Vorgaben der KWKAusV und dem bisherigen Wärmebedarf:

Tabelle 1: Auslegungsbeispiel iKWK-System

Durch die zusätzlichen Komponenten kann die erforderliche Wärmelast auch mit geringeren BHKW-Betriebsstunden gedeckt werden. Das bedeutet einerseits, dass weniger Substrate im Fermenter benötigt werden oder auch dass ein verstärkter Einsatz von energieärmeren Pflanzen bzw. Reststoffen möglich ist. Außerdem steigt die Lebensdauer des Motors auf über 20 Jahre an, da diese maßgeblich von den Betriebsstunden abhängig ist. Welche Kosten dabei entstehen und ob das Modell wirtschaftlich ist, wird nachfolgend überschlägig berechnet:

Tabelle 2: Wirtschaftlichkeit iKWK-System

Innovative KWK-Systeme liefern grundsätzlich den Vorteil, dass durch die zusätzlichen Wärmeerzeuger und ggf. dem zusätzlich geförderten Wärmespeicher ein sehr hohes Maß an flexibler Stromerzeugung möglich ist, was in diesem Beispiel mit einem durchschnittlichen Zusatzerlös von 1,5 ct/kWhel berücksichtigt wurde.
Es zeigt sich, dass bei einem vollständigen Absatz der Wärme ein iKWK-System in dieser Größenordnung wirtschaftlich umsetzbar wird. Aufgrund der vielen Unsicherheiten wie den Ausschreibungsergebnissen, Rohbiogaskosten, zusätzlichen Stromerlösen an der Börse etc. ist dieses Konzept für Bioenergiedörfer nur zu empfehlen, wenn eine detaillierte vor-Ort Planung wirtschaftliche Potenziale zeigt.

Für kleinere Anlagen, deren installierte KWK-Leistung unter 1 MW liegt, ist keine Förderung über iKWK möglich. Ein zusätzlich installierter Wärmeerzeuger wie beispielsweise Solarthermie, wird über den Bonus für innovative erneuerbare Wärme nach §7b KWKG zusätzlich zu der Förderung über die gewöhnliche KWKG-Ausschreibung unterstützt. Der durchschnittliche Zuschlagswert lag dabei in den letzten Jahren bei etwa 5,1 ct/kWh dazu kommen 3,0 ct/kWh bei einer 30-prozentigen innovativen erneuerbaren Wärmenutzung. Die entsprechende GuV-Rechnung einer 500 kW-Biogasanlage zeigt unter diesen Voraussetzungen jährliche Überschüsse von etwa 10.000 €, was angesichts der unsicheren Rahmenbedingungen sehr riskant wirkt. Für post-EEG-Anlagen lohnt es sich allerdings in jedem Fall zu prüfen, ob sich das Modell rechnen kann.

Ökologie

Ähnlich der Handlungsempfehlung zum Ausschreibungsmodell hängt auch hier der ökologische Nutzen primär von den eingesetzten Substraten in der Biogasanlage ab. Da bei einer Förderung über das KWKG keine Vorgaben bezüglich der Einsatzstoffe gegeben sind, ist davon auszugehen, dass durch den erhöhten Preisdruck vermehrt günstigere Substrate eingesetzt werden. Würden vermehrt Wirtschaftsdünger statt Mais und andere Anbausubstrate eingesetzt, hätte das durchaus einen positiven Umwelteffekt, da Methanemissionen bei der Lagerung von Wirtschaftsdüngern vermieden würden. Ein Rückgang der Biogasproduktion beim Einsatz von Wirtschaftsdüngern wäre durch das flexible Wärmeversorgungssystem unschädlich, da ein Teil der Wärme aus einer CO2-neutralen Quelle wie beispielsweise Solarthermie bezogen wird. Auch die Möglichkeit, den elektrischen Wärmeerzeuger für Bedarfsspitzen zu verwenden, kann den Einsatz von (meist noch fossil betriebenen) Spitzenlastkesseln reduzieren und sorgt gleichermaßen für einen geringeren Umwelteinfluss.

Organisatorische Umsetzung

Die Umstellung auf ein iKWK-System erfordert neben der Anschaffung der entsprechenden Anlagenteile ebenfalls eine gezielte Regelungstechnik für die einzelnen Komponenten, um die stromgeführte Fahrweise des BHKW umzusetzen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass stets ausreichend Wärme zur Verfügung steht. Es gibt bereits Anbieter am Markt, die entsprechende Komplettlösungen anbieten und auch die Planung und Umsetzung des Vorhabens unterstützen. Mit der VK-Box bietet der Anbieter VK Energie beispielsweise eine zentrale Steuerung an, die das gesamte iKWK-System optimiert. Auch der Energiedienstleister AVAT bietet Komplettlösungen für einen optimierten Einsatz eines solchen Systems. Das Unternehmen Energethik ist nicht auf iKWK-Systeme spezialisiert, geht allerdings einen ähnlichen Weg, der insbesondere für Biogasanlagenbetreiber ebenfalls interessant sein kann: Durch den Einsatz von großen Gas- und Wärmespeichern wird eine stromgeführte Fahrweise des BHKW möglich. Die Einbindung von Power-to-Heat im Gesamtsystem ist in diesem Konzept auch vorgesehen, so dass der Aufbau eines iKWK-Systems auch hier grundsätzlich gut möglich ist (5).

Praxisbeispiele

Bisher wurden die häufigsten iKWK-Projekte durch Stadtwerke durchgeführt. Der erneuerbare Wärmeerzeuger wird in vielen Fällen mit Wärmepumpen oder Solarthermie umgesetzt. In Camphausen beispielsweise wird als Wärmequelle Grubenwasser aus einem alten Steinkohlebergwerk für die Wärmepumpe und gleichzeitig Grubengas zum Betrieb des BHKW genutzt. In Hamburg dient Abwasser an einem Klärwerk als Wärmequelle für die Wärmepumpe, die mit einem hocheffizienten Gas-BHKW kombiniert wird. Die Stadtwerke Lemgo planen, ihre BHKWs mit einem knapp 1 ha großen Solarthermiefeld sowie einer Großwärmepumpe im Rahmen einer iKWK-Ausschreibung zu ergänzen. In Greifswald wird derzeit ein 7 GWh Solarthermie-Park fertiggestellt, der mit einem 250 MWh großen Speicher unterstützt wird (siehe auch (9)). Es zeigt sich, dass es für den Aufbau innovativer KWK-Systeme keinen „idealen“ Weg gibt, sondern stets die örtlichen Begebenheiten eine große Rolle im Planungs- und Umsetzungsprozess spielen.  

Zum Weiterlesen

1. Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Merkblatt für innovative KWK-Systeme [online], 2018. Verfügbar unter: https://www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/Energie/kwk_anlagen_mb_innovative_kwk-systeme.html

2. ASUE. Die KWK-Ausschreibungsverordnung [online], 2018. Verfügbar unter: https://asue.de/sites/default/files/asue/themen/blockheizkraftwerke/2018/broschueren/ASUE_KWKAusV_2018-07.pdf

3. Bundesnetzagentur (BNetzA). Beendete Ausschreibungen. Ergebnisse der Ausschreibungsrunde für innovative KWK-Systeme [online], 2021 [Zugriff am 09.02.2021]. Verfügbar unter: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen_Institutionen/Ausschreibungen/KWK/BeendeteAusschreibungen/BeendeteAusschreibungen_node.html

4. Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (Bdew): Umsetzungshilfe zum Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz – KWKG 2016 [online], 2018. Verfügbar unter: https://www.bdew.de/media/documents/Awh_20180601_BDEW-Umsetzungshilfe_KWK-G-2016.pdf

5. Müller, A. BHKW des Monats. Regenerativer Energiespeicher, 2020. In: Energie und Management 1/2020. Verfügbar unter: https://www.mwm.net/files/upload/mwm/BHKW-des-Monats-1-2020.pdf

6. Agora Energiewende. Power-to-Heat zur Integration von ansonsten abgeregeltem Strom aus Erneuerbaren Energien [online], 2014. Verfügbar unter: https://www.agora-energiewende.de/veroeffentlichungen/power-to-heat-zur-integration-von-ansonsten-abgeregeltem-strom-aus-erneuerbaren-energien/

7. Meißner, R. Innovative KWK mit Solarthermie [online]. Verfügbar unter:
https://www.ritter-xl-solar.de/wp-content/uploads/innovative_kwk_mit_slarthermie_f2.pdf

8. ASUE. Neues Einsatzfeld für Gaswärmepumpen: Energetische Optimierung von Biogasanlagen, [online],2020. Verfügbar unter: https://asue.de/aktuelles_presse/gaswaermepumpen-einsatz_in_biogasanlagen

9. Bröer, Guido. Konjunktur für solare Wärmenetze. In: Energiekommune 11/2021, S. 3. weitere Informationen: www.solar-district-heating.eu