Wirtschaftsdünger und Pferdemist

von Roland Bauböck und Marianne Karpenstein-Machan

Warum sollte man auf diese Technik/Entwicklung umsteigen?

Reduzierung von Kosten durch teure Anbaubiomasse, Maisdeckelung einhalten, Vermeidung von Konkurrenz um Ressourcen, Beitrag zur Vermeidung von Methanemissionen aus Gülle und Mist, Beitrag zur Kaskadennutzung von Ressourcen.

Stand der Entwicklung 

Gülle (Rinder, Schweine) sowie Stallmist aus der Nutztierhaltung sind seit dem Aufkommen der ersten landwirtschaftlichen Biogasanlagen fast immer (Ausnahme bilden hier reine Anlagen aus nachwachsenden Rohstoffen) das Co- oder Hauptsubstrat in der Energiegewinnung. Die Methanausbeuten pro Tonne Frischmasse sind, je nach Höhe des Trockensubstanzgehaltes, bei Wirtschaftsdünger vergleichsweise niedrig. Bezogen auf die organische Trockenmasse (oTS) erreichen aber insbesondere Schweinegülle, Trockenkot und Stallmist, Werte (250-280 Nl CH4/kg oTS), die sich an die von pflanzlichen Substraten annähern (300-350 Nl CH4/kg oTS) (1).

Insbesondere Gülle liefert die für die bei der Nassfermentation notwendige flüssige Phase für eine bessere Rührbarkeit. Gegenwärtig befinden sich lediglich 30% des verfügbaren Wirtschaftsdüngers in der Nutzung zur Energiegewinnung (2). Da diese 30% das leicht erschließbare Potenzial, meist von größeren Betreiben mit mehreren Hundert Tieren, darstellt, werden es zukünftig Kosten-Nutzen-Abwägung oder die neueren Ausgestaltungen des EEG sein, die entscheiden, ob weitere Wirtschaftsdüngermengen in die Nutzung von Biogasanlagen gelangen werden. Aus diesem Grund haben die Interessenverbände der Bioenergie/Biogasnutzung im August 2019 eine gemeinsame Stellungnahme über das Hauptstadtbüro Bioenergie herausgebracht (3). Hier wird u.a. gefordert, den Klimaschutzbeitrag der Güllevergärung stärker als bisher zu honorieren und somit den genutzten Anteil auf 60% zu steigern. Dieses Ziel soll laut dem Positionspapier durch entsprechende Änderungen im EEG, durch eine Weiterentwicklung der technischen Anforderungen (Immissionsrecht, Abfallrecht) und eine Ausweitung der Agrarinvestitionsförderung (AFP der GEK) erreicht werden. Auch eine stärkere Nutzung von Festmist aus Tierhaltungsbetrieben sollte für eine bessere Ausnutzung der vorhandenen landwirtschaftlichen Wertstoffe vorangetrieben werden. Dass die Festmistnutzung in Biogasanlage ein gangbarer Weg ist, zeigen Praktikerbeispiele wie das von Landwirt Jens Geveke aus dem Ammerland (4).

Rechtliche Situation

Nach dem EEG 2009 kann Wirtschaftsdünger von Nutztieren (Gülle/Stallmist) zusätzlich zum Einsatz von NawaRos in der Höhe von 30 Massenprozent eingesetzt werden, ohne, dass dabei der Status als NawaRo-Anlage verloren geht. Diese 30% werden dann nach mit dem Güllebonus vergütet. Ab dem EEG 2012 entfällt der Güllebonus. Anstelle des Güllebonus werden im EEG 2012 Güllekleinanlagen besonders vergütet, wenn diese nicht mehr als 75 kW el. installiert haben und mind. 80% Gülle einsetzen (Ausnahme: Geflügelmist und Geflügeltrockenkot). Für größere Anlagen ist im EEG 2012 die Einsatzstoffvergütungsklasse II. Auch im EEG von 2017 sind die Güllekleinanlagen weiterhin als Sondervergütungsklasse enthalten. Eine Ausnahme bildet der Pferdemist. Bis zum EEG 2012 wird Pferdemist von Heim- oder Reittieren zum NawaRo-Anteil hinzugerechnet. Ausnahme, die Pferde sind laut Pass für den menschlichen Verzehr gedacht. Ab dem EEG 2012 kann jeglicher Anteil von Pferdemist für das Erreichen des 80% Gülleanteils im Falle von Güllekleinanlagen angerechnet werden. Wenn in einer Anlage Abfälle (nach Abfallrecht) oder tierische Nebenprodukte (nach Veterinärrecht) vergoren werden, muss das Gärprodukt auf jeden Fall vor dem Inverkehrbringen als Dünger hygienisiert werden.

Wirtschaftlichkeit

Wirtschaftsdünger ist ein in der Regel kostenneutral oder kostengünstig anfallendes Substrat für Biogasanlagen, bei dem lediglich die Transportkosten vom Entstehungsort zur Anlage zum begrenzenden Faktor werden können. Betriebe mit eigener Tierhaltung und einer Biogasanlage verfügen somit über ein quasi kostenloses Substrat für ihre Anlage. Da Wirtschaftsdünger und Gärprodukt aus Biogasanlagen, dem Düngegesetz mit seinen Verordnungen unterliegen und insbesondere Betriebe in Intensivtierhaltungsregionen häufig nicht über die notwendigen Flächen für die Ausbringung von Wirtschaftsdünger oder Gärprodukt verfügen, kann es durchaus auch sein, dass Anlagenbetreiber für die Annahme von Gülle oder Mist eine Entlohnung erhalten. Mit dem Gärprodukt selbst lässt sich eine teure mineralische Düngung substituieren und idealerweise schließt sich an dieser Stelle dann auch der Nährstoffkreislauf. Um auch für kleinere Anlagen die Vergärung von Gülle und Stallmist wirtschaftlich attraktiv zu machen, ist im EEG eine besondere Vergütungsklasse für Anlagen bis 75 kW Bemessungsleistung vorgesehen.

Ökologie

Aus ökologischer Sicht ist die Vergärung von Wirtschaftsdüngern in Biogasanlagen sehr sinnvoll und sie leistet einen wichtigen  Beitrag. Einerseits werden durch die Vergärung in der Biogasanlagen Treibhausgas-Emissionen verringert und andererseits ist sie ein Ausgangspunkt der Kaskadennutzung der Biomasse, erst energetische, dann in stofflicher Nutzung. Das aus Gülle gewonnene Gärprodukt ist durch die in der Biogasanlage abgebauten Schwefelverbindungen deutlich geruchsärmer und die Pflanzenverfügbarkeit der in ihm enthaltenen Nährstoffe ist gegenüber der unverarbeiteten Gülle erhöht. Im Fall einer Tierfütterung mit hofeigenem Tierfutter und anschließender Gärproduktdüngung wird der Nährstoffkreislauf geschlossen.

Sonderfall Pferdemist

Im Vergleich zu den etwa 30% des bereits in Biogasanlagen gelangenden Wirtschaftsdüngers von Rindern, Schweinen und Geflügel, ist der Einsatz von Pferdemist bisher noch kaum verbreitet. Oechsener et al. (5) berechnen für die mehr als 1 Mio. Pferde in Deutschland ein Mistaufkommen von 17-20 Mio. t pro Jahr. Mit nur der Hälfte dieses Potenzials könnten laut der Autoren 7,8 Mio. t Maissilage ersetzt werden. Da Pferdemist in der Regel mit Stroh aus dem Einstreu der Pferdeboxen vermischt ist, lässt sich dieses Substrat nur schwer in Biogasanlagen vergären (s.o.). Um den Aufschluss des Materials zu verbessern, hat sich eine mechanische Vorbehandlung mit einem Querstromzerspanner als erfolgreich erwiesen. Im Labormaßstab (Batch-Analysen) konnte eine um ca. 10% gesteigerte Methanausbeute und eine gesteigerte Abbaugeschwindigkeit aus dem vorbehandelten Mist gegenüber dem unbehandelten Mist nachgewiesen werden (6). Durch das Verfahren werden zudem die sonst bei der Strohvergärung üblichen Schwimmschichten vermieden. Die benötigte elektrische Energie für den Querstromzerspanner liegt im Bereich zwischen 13,8 und 20,5 kWh /t Frischmasse und somit bei ca. 3% der im Substrat enthaltenen Energiemenge (nach Vergärung und Verstromung im Blockheizkraftwerk) (5). Erschwernisse, die dem vermehrten Einsatz von Pferdemist in Biogasanlagen entgegen wirken sind z.B. der Einsatz von Holzspänen anstatt Stroh als Boxeneinstreu und Hufeisen als Fremdkörper im Substrat. Auch die räumliche Verfügbarkeit und die vermutlich eher kleinen Aggregationen in der Pferdehaltung könnten über den Transportkostenfaktor hinderlich wirken.

Betriebliche Umsetzung

Gülle und Mist können sowohl in NawaRo-Anlagen als auch in reinen Gülleanlagen vergoren werden (zur Vergütung siehe oben). Gülle hat als Substrat hohe Wasseranteile und somit einen geringeren Energiegehalt pro Volumeneinheit. Beim Einsatz von Stallmist mit hohem Strohanteil kann das Stroh zu einer verminderten Fließ- und Rührfähigkeit und zur Bildung von Schwimmdecken im Fermenter führen. Aus diesem Grund bietet sich eine mechanische Zerkleinerung von Stallmist vor dem Befüllen des Fermenters an (siehe oben).

Praxisbeispiel

Die Plesse Milch GmbH und Co KG (https://www.plesseland-agrar.de/) vergärt Rindergülle und Pferdemist in ihrer hofeigenen Biogasanlage.

Zum Weiterlesen

1. Reinhold, G.; Degner, J.; Gödeke, K.; Vetter, A. Leitlinie zur effizienten und umweltverträglichen Erzeugung von Biogas bei Einsatz von Ko-Substraten und Reststoffen in Bestandsanlagen [online], 2014 [Zugriff am: 23. Oktober 2019]. Verfügbar unter: http://www.tll.de/www/daten/publikationen/leitlinien/ll_bgas.pdf

2. Liebtrau, J. Perspektiven der Biogasentwicklung in Deutschland, 2019. In: FNR/KTBL-Kongress „Biogas in der Landwirtschaft – Stand und Perspektiven, S. 26-32.

3. Rostek, S. Maßnahmen zum Ausbau der Güllevergärung. Mehr Klimaschutz und Erneuerbare Energien mit einer nachhaltigen Tierhaltung verbinden [online], 2019 [Zugriff am: 23. Oktober 2019]. Verfügbar unter: www.hauptstadtbuero-bioenergie.de/application/files/4015/6757/9932/19-08-28_BBE_et_al_Massnahmen_zum_Ausbau_der_Guellevergaerung_update_final.pdf

4. Karpenstein-Machan, M. Festmist statt Maissilage. Durch die Vergärung von Festmist entlastet Jens Geveke Viehbetriebe in der Region [online], 2017. In: Energie aus Pflanzen, 2017, (4), 12-15. Verfügbar unter: http://idee-regional.de/files/eap-2017-4-Geveke_Festmitst.002.pdf

5. Oechsner, H. und Hülsemann, B. Mist und andere Alternativsubstrate für den Biogasprozess. Hemmnisse, Anforderungen, Chancen, 2019. In: FNR/KTBL-Kongress „Biogas in der Landwirtschaft – Stand und Perspektiven, S. 84-90.

6. Moench-Tegeder, M. Untersuchungen zur Verwertbarkeit von Pferdemist im Biogasprozess. Dissertation. Hohenheim, 2014.